Kriegsrhetorik dominierte den Washingtoner NATO-Gipfel

In Washington, dem Epizentrum des US Deep State, fand vom 09. bis 11. Juli der NATO-Gipfel statt, an dem sich aufgrund des 75-Jährigen Bestehens in Selbstlob auf die Schultern geklopft wurde. Sicherer fühlen muss man sich jedoch nicht zwingend nach diesem Gipfeltreffen. Dafür, dass sich das Bündnis ein Verteidigungsbündnis nennt, wies es auch dieser Tage wieder ziemlich offensiven Charakter auf. Friedenspolitik als die wohl beste Verteidigung scheint ein Gedanke zu sein, der innerhalb der NATO gegenwärtig nicht mehrheitsfähig zum Tragen kommt.

Sascha A. Roßmüller

Im Mittelpunkt stand, wie zu erwarten, natürlich die Ukraine, deren Weg zur Mitgliedschaft in die westlichen Militärallianz als „unumkehrbar“ etikettiert wurde. Ein Bündnis, das glaubwürdig eine Tür für einen Verhandlungsfrieden zu öffnen gedenkt, sollte jedoch eine deutlich weniger apodiktische Rhetorik an den Tag legen. Medwedew, Vize-Chef des russischen Sicherheitsrates, bezeichnete in spiegelbildlicher Sprache daraufhin auch die Unterzeichnerstaaten als Feinde Russlands und kündigt Gegenmaßnahmen an. Im Zuge der Ankündigung einer langfristigen Verpflichtung zur „Sicherheitshilfe“ für die Ukraine beschloss man die Einrichtung eines speziellen NATO-Zentrums für die zuverlässige Versorgung der Ukraine mit Waffen und Ausbildung.

Doch dem nicht genug. „Mit dem Nato-Gipfel in Washington rüstet sich das Bündnis für eine massive Abschreckung gegenüber Moskau wie zuletzt im Kalten Krieg. In Deutschland sollen ab 2026 erstmals seit über drei Jahrzehnten wieder Waffensysteme stationiert werden, die Russland und seine Hauptstadt Moskau erreichen können“, berichtet beispielsweise die Berliner Morgenpost.

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Expansion ist keine Verteidigung

Neben weiteren Langstreckenwaffen sollen in Deutschland Flugabwehrraketen des Typs SM-6 und neu entwickelte Überschallwaffen sowie Marschflugkörper vom Typ „Tomahawk“ mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern stationiert werden.

Auch wenn es die USA sind, die ihre Waffensysteme in der Mitte Europas bereithalten, wählte man in einem gewissen Etikettenschwindel „Integrierte europäische (!) Abschreckung“ als Arbeitstitel für diese Operation.

Bereits seit längerem erhöht US-Präsident Joe Biden die Truppenpräsenz in Europa, wobei er mehrfach betonte, die USA würden jeden Zentimeter von NATO-Territorium verteidigen. In diesem Zusammenhang muss aber die Frage erlaubt sein, ob die seit dem Zusammenbruch des Ostblocks kontinuierliche NATO-Expansion eine Verteidigung darstellt. Verteidigung ist gewöhnlich defensiver, nicht offensiver Natur.

Seit einigen Jahren verfolgt die NATO ihre Strategie der sogenannten „Vorwärtsverteidigung“, zu der unter anderem acht multinationale, kampfbereite Einheiten im Baltikum, Polen und Südosteuropa zählen. Mit dabei auch eine von Deutschland geführte Brigade in Litauen. Die aktuelle Nato-Übung „Arctic Defender“ in der Arktis stellt zudem die größte Übung dar, an der die deutsche Luftwaffe jemals teilgenommen hat.

Westen entfernt sich von seinen Werten

Auch gegenüber China verschärfte die NATO ihre Tonlage. Angeblich würden die chinesischen Ambitionen „unsere Interessen, Sicherheit und Werte gefährden.“ In der Abschlusserklärung des Washingtoner NATO-Gipfels ist unter anderem zu lesen:

„Die Vertiefung der strategischen Partnerschaft zwischen Russland und der Volksrepublik China und ihre sich gegenseitig verstärkenden Versuche, die regelbasierte internationale Ordnung zu untergraben und umzugestalten, geben Anlass zu großer Sorge.“

NATO-Gipfel: Neben Russland nimmt das Militärbündnis nun auch China ins Visier – Stoltenberg gibt die Zielrichtung vor. Screenshot; Quelle

An dieser Stelle lohnt es, anstelle kritikloser Übernahme die Interpretation der vielbemühten sogenannten „regelbasierte internationale Ordnung“ des Chefredaktors des Schweizer Wochenmagazins „Die Weltwoche“ Roger Köppel zu erwähnen, der hierzu am 10. Juli in seinem Videopodcast sinngemäß ausführte, dass besagte „regelbasierte Ordnung“ der Neokolonialismus heutiger Tage sei, sprich, dass die Einen, gemeint die selbsternannten Guten, den unterstellten Bösen sagen würden, wo es langgehe. Hierin stecke nicht nur Anmaßung und Neoimperialismus, darüber hinaus entferne sich damit der Westen von seinen angeblichen Werten.

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Zweierlei Maß

Die NATO verweist in ihrer zunehmenden Sinophobie vor allem auf die Lieferung von sogenannten Dual Use-Gütern mit doppeltem, d.h. sowohl zivilen als auch militärischem Nutzen. Allerdings schweigt man zu der erst vor Kurzem in Brüssel geführten Debatte, Mittel aus gewissen EU-Fonds sowie Investition der EIB für exakt ebensolche Dual Use-Güter künftig zuzulassen.

Eine Ausnahme stellte in Washington der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán dar, der dem Bündnis vorwarf, sich von seinem ursprünglichen Geist als Verteidigungsorganisation entfernt zu haben, und sich speziell mit Blick auf die Ukraine zunehmend wie eine Kriegsorganisation zu verhalten. Orban bekräftigte überdies seine Haltung, sich nicht an NATO-Operationen in der Ukraine zu beteiligen.

Immerhin bleibt die Hoffnung, dass ein Wechsel im Weißen Haus nach den anstehenden US-Wahlen die für 2026 geplanten Entscheidungen noch abzuwenden. – Ungeachtet dessen wäre es 80 Jahre nach Kriegsende ohnehin Zeit, dass die US-Besatzer aus Deutschland abziehen anstatt erneut hier aufzurüsten!

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Eine Antwort

  1. Die US-Besatzer aus Deutschland abziehen ? Also das könnte gefährlich werden. In gewisser Weise könnte man durchaus die Theorie vertretem das sie uns – schon durch ihre Anwesenheit – schützen. Nicht vor Russland oder China, aber vor Israel…