Heute beginnt in St. Petersburg das Internationale Wirtschaftsforum, das bis zum 5. Juni in der alten russischen Zarenmetropole stattfinden wird. Angesichts der Corona-Einschränkungen ist die Teilnehmerzahl vor Ort auf 5000 begrenzt, allerdings gibt es die Möglichkeit, an den zahlreichen Veranstaltungen auch online teilzunehmen.
Justin Hofer
Die Themenpalette ist auch in diesem Jahr vielfältig: Investitionen, nachhaltige Entwicklung, Entwicklung des Ostens Russlands, Ökologie, Förderung von Kleinunternehmen und Energiepolitik. Angekündigt ist zudem eine Rede von Maria Zakharova, der Sprecherin des russischen Außenministeriums. Zudem geht es auch um die großen Wirtschaftsblöcke und die Integration in diese – die Rede ist vor allem von der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), die sogenannten »BRICS«-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), die Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft und der Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN). Darüber hinaus geht es in St. Petersburg auch darum, wie die Digitalisierung in der Zeit des Corona-Lockdowns weiterentwickelt wurde, um die Wirtschaft der wachsenden Megastädte und auch um den Status der Blogger und deren Zukunftsperspektiven.

Die Diskussionsblöcke zeigen, daß es beim St. Petersburger Wirtschaftsforum vor allem auch um die bilateralen Beziehungen Moskaus gehen wird. »Russland-Deutschland«, »Russland-Finnland«, »Russland-Schweden«, »Russland-Frankreich«, »Russland-Afrika«, »Russland-Lateinamerika« und »Russland-Arabische Welt« sind hierzu unter anderem geplant.
Keine globalistische Agenda
Mehr und mehr scheint das St. Petersburger Format sich zu einer Alternative zum Weltwirtschaftsforum in Davos zu entwickeln, wo vor allem die Amerikaner eine dominante Rolle spielen. Russland ist darauf bedacht, in St. Petersburg keine globalistische Agenda zu erlauben, es geht – im Gegenteil – darum, die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen für eine multipolare Weltordnung zu erörtern. In Davos wurde 2020 der »Great Reset« zum globalen Programm erhoben – neoliberal, universal und unnachgiebig. Der Begriff der »Nachhaltigkeit« verkam dort zur populistischen Phrase, man diskutierte ernsthaft über Bevölkerungsreduktion und die Einführung einer weltweiten Zensur. Davos wurde damit endgültig zum Symbol der Globalisierung, die ohne Rücksicht auf regionale Eigenheiten, Kultur und Traditionen alles standardisieren will.
In St. Petersburg scheinen zwar die Themen ähnlich wie in Davos, allerdings mit unterschiedlichem Inhalt. Beispiel »Nachhaltigkeit«: In Davos spielt der Begriff vor allem als Instrument zur umfassenden und globalen Wirtschaftskontrolle eine Rolle. In St. Petersburg hingegen geht es dabei vor allem darum, wie sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Russland und den verschiedenen Regionen der Welt stabil und langfristig entwickeln können.
In St. Petersburg fehlen Diskussionsblöcke wie »Russland-EU« oder »Russland-USA« – ein deutliches Zeichen dafür, dass man in Moskau längst erkannt hat, daß Brüssel und Washington eine aggressive, globale Agenda verfolgen und gar nicht an einer multipolaren Weltordnung interessiert sind.
Interessant ist vor allem der derzeit nicht spannungsfreie Dialog zwischen Deutschland und Russland. Hier wird es – kaum verwunderlich – vor allem um die bislang gute Energiekooperation gehen. Es soll zudem ein Vertrag zwischen dem russischen RK-Investmentfonds und der Mangold Consulting GmbH unterzeichnet werden. Ein gutes Zeichen in stürmischen Zeiten.