Hinter den diplomatischen Kulissen scheinen sich die Kräfteverhältnisse zu verschieben: Die Vereinigten Staaten betrachten Polen neuerdings als ihr vielversprechendstes Ziehkind in Europa. Diese etwas überraschende Offenbarung kommt direkt von James O’Brien, dem US-Unterstaatssekretär für europäische Angelegenheiten, der in einem Interview mit der polnischen Zeitung Rzeczpospolita Einblicke in die strategischen Überlegungen Washingtons gewährte.
Der Grund für dieses Umdenken liegt nicht in sentimentalen Beziehungen oder kulturellen Affinitäten, sondern in Polens politischer Ausrichtung der letzten Jahre. Allen voran sticht die Entwicklung der Rüstungsindustrie Warschaus hervor, die von den USA selbstverständlich nicht unbemerkt geblieben ist, kommt doch ein großer Teil des polnischen Militärgeräts direkt von Waffenproduzenten aus den Vereinigten Staaten. Während andere europäische Nationen mit einer stagnierenden Wirtschaft zu kämpfen haben, hat Polen durch eine Vervielfachung seiner Rüstungsindustrie klare Signale in Richtung strategischer Selbstständigkeit gesendet.
James O’Brien erklärt diese plötzliche Vorliebe für Polen mit nüchternen Zahlen: „Heute geben zwei Drittel der Verbündeten 2 % ihres BIP für die Verteidigung aus. Bei Polen ist es deutlich mehr.“ Dieser finanzielle Einsatz bleibt nicht unbeachtet. Zudem hebt O’Brien die Entwicklung von regionalen Verteidigungsplänen hervor, die von Monat zu Monat „effektiver umgesetzt“ werden.
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Für die USA ist Polen somit nicht nur ein Partner auf Augenhöhe, sondern potenziell auch ein zukünftiger EU-Führer. Diese strategische Neuausrichtung dürfte in Berlin und anderen europäischen Hauptstädten für Aufmerksamkeit sorgen. Denn während Deutschland mit wirtschaftlichen Herausforderungen und einer durch ideologischen Irrsinn festgefahrenen Industrie zu kämpfen hat, rückt Polen in den Fokus der internationalen Aufmerksamkeit. Selbstverständlich ist diese Entwicklung aber nur möglich, weil Polen über die Europäische Union mit Abstand größter Profiteur bei der Verteilung deutscher Steuergelder ist.
Die USA schmieden bereits Pläne für eine vertiefte Zusammenarbeit mit Warschau und signalisieren ihre Bereitschaft, mehr Verträge mit dem Land abzuschließen. Ob Deutschland diese Chance nutzt, steht in den Sternen. Doch die Dynamik, die durch Polens neue Rolle im Fokus der USA entstanden ist, birgt das Potenzial für tiefgreifende Veränderungen. Sogar ein Ende der Besatzungszeit Deutschlands könnte dadurch durchaus in greifbare Nähe rücken, wenn Berlin seine Spielkarten mit Bedacht ausspielt und eine selbstbewusste Rolle in einem sich neu formierenden Europa souveräner Nationen einnimmt. Schließlich verschieben sich seit einigen Jahren die Kräfteverhältnisse über auf dem Kontinent kontinuierlich nach rechts. Doch die Frage bleibt, ob Berlin diesen Impuls aufgreift und seine eigene Rolle in Europa neu definiert. In jedem Fall zeigt sich hier ein dynamisches Kräftespiel in der geopolitischen Arena, das die europäische Diplomatie in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen könnte.
Arno Feinlist
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