Praktische Krisenvorsorge: Die stillen Reserven der Natur

Das Netz ist reich an Angeboten, die sich mit der Krisenvorsorge beschäftigen. Selbst staatliche Institutionen stellen regelmäßig ihre Vorschläge für eine private Reserve an Lebensmitteln und Getränken online. Gleichzeitig wird jeder argwöhnisch beobachtet, der diese nicht nur umsetzt, sondern sich in Chatgruppen darüber austauscht. Die Medien tun ein Übriges, um unbedachte Äußerungen in diesem Zusammenhang zu Staatsaffären aufzubauschen.

Stefan Paasche

Fakt ist: Es ist praktisch unmöglich, sich für alle Eventualitäten und Zeitrahmen abzusichern – Millionäre mögen anders darüber denken. Was aber machbar ist: Sich Kenntnisse zu verschaffen, die über Einkauf und Lagerung hinaus weiterhelfen können, wenn der Notfall eintrifft und etwas länger andauert. Die Generation, die Krieg und Mangelwirtschaft noch am eigenen Leibe erlebt hat, kann leider nicht mehr lange direkt befragt werden. Deshalb möchte ich anregen, selbst zu erkunden, was die Natur uns bietet:

Der Wunderstrauch Holunder und andere nützliche Früchte

Bereits im Frühjahr kann man die Pracht seiner Blüten nutzen. Getrocknet dienen sie als Grundlage für die Bereitung eines schmackhaften Kräutertees, aber auch frisch kann man sie gebrauchen. Die großen Dolden in Teig gewendet, können sie in heißem Öl ausgebacken werden. Holundersekt und andere erfrischende Getränke runden den vielfältigen Gebrauch des Holunders ab.

Holunderbeeren; Foto: privat

Weitgehend unbekannt ist die Goldjohannisbeere. Gesehen hat sie trotzdem schon fast jeder. In Windschutzstreifen oder zwischen den Leitplanken der Autobahnen (Hier bitte nicht sammeln!) ist dieser aus Amerika stammende Strauch zu finden und an seinem bereits im Sommer oft bunten Laub gut zu erkennen. Im Frühjahr erscheinen seine stark duftenden, goldgelben Blüten. Die Früchte sind dunkelviolett bis fast schwarz. Roh gegessen ist ihr Geschmack fruchtig bis streng und leicht zusammenziehend. Kein Wunder, dass manche Quellen die Beeren als ungenießbar beschreiben – auf jeden Fall sind sie Geschmackssache.

Stillleben mit Goldjohannisbeeren, Pflaumen und Rosenkäfer; Foto: privat

Das sieht mit der gekochten Version dieser Früchte ganz anders aus: sparsam gezuckert können Sie als Gelee konserviert werden. Aber auch alle anderen Verarbeitungsmöglichkeiten des Beerenobstes können ausprobiert werden.

Neue Kategorie im DS-Shop: »Selbstschutz und Krisenvorsorge«

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In unserer neu geschaffenen Kategorie ➡️ »Selbstschutz und Krisenvorsorge« finden Sie bereits einige interessante Produkte und Literatur rund um dieses Thema. Wir werden sie in nächster Zeit immer weiter ausbauen.

Wildes und verwildertes Obst

Bevor man in der freien Natur nach fremden Früchten greift, sollte man sich überzeugen, dass es keinen kauzigen Besitzer gibt, der mit dem Krückstock in der Hand hinter dem Zaun lauert. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall, wenn man z.B. verwilderte Pflaumen sammeln möchte.

Manchmal kann man noch die Kuchenpflaumen finden, die früher häufig an Feldwegen angepflanzt wurden. Oft sind diese veredelten Obstbäume aber längst abgestorben und es stehen an ihrer Stelle große Büsche, die im Sommer meist runde Früchte in den Farben gelb, rot oder violett in allen möglichen Abstufungen tragen. Ebenso vielfältig ist der Geschmack dieser verwilderten Pflaumen.

Wilde Pflaumen; Foto: privat

Eine Kostprobe sollte man schon nehmen, bevor man seinen Korb mit ihnen füllt. Neben herzhaft süßen oder säuerlichen, dazu saftigen Varianten gibt es auch solche, die nach nichts schmecken oder fast ungenießbar sind. Hinzu kommt, dass man bei einer Verarbeitung dieser Früchte böse Überraschungen erleben kann: was als rohe Frucht einen angenehmen Geschmack hatte, kann gekocht extrem sauer ausfallen. Da hilft dann auch kein Zucker, wenn man an solche Pflaumen geraten ist!

Doch nicht nur an den Rändern von Feldwegen finden sich lohnender Sammelobjekte. Als Ausgleichsmaßnahmen für Straßenbauten werden oftmals auch Streuobstwiesen neu angelegt. Hier findet man praktisch alle heimischen Früchte, für die man im Supermarkt bezahlen muss, nachdem sie oft eine Weltreise hinter sich gebracht haben.

Windschutzstreifen sind eine weitere Möglichkeit, sich kostenlos und bequem aus der Natur zu bedienen. Zwar findet man dort hauptsächlich die verschiedensten Laubbäume, deren Früchte höchstens die Tierwelt interessiert. Manchmal wurden aber auch einige Apfelbäume oder Haselnusssträucher gepflanzt.

Weiterführende Informationen:

Die Wildbirne – Obst aus der Natur

Die phantastische Welt der Heilpflanzen: Sanddorn

Die Hundsrose

Hagebutte + Schlehe – eine kaum bekannte Kombination

Neben dem Holunder samen sich auf Ödflächen zahlreiche weitere, Früchte tragende Sträucher aus. Zu ihnen zählt die Hundsrose, die im Herbst die leuchtend roten Hagebutten trägt. Allgemein bekannt dürfte sein, dass man daraus einen schmackhaften Tee bereiten kann. Aber Vorsicht! Die selbst gesammelten Früchte, mühsam von ihren Samen befreit und getrocknet, liefern einen Tee, der nur entfernt an die Beutel-Versionen erinnert. Das ist kein Wunder, denn in diesen wurde nicht nur kräftig mit rotem Farbstoff nachgeholfen!

Hagebutten (siehe auch Titelbild) während der Verarbeitung; Foto: privat

Weniger aufwendig ist es, die gesammelten Hagebutten aufzukochen und unter Zugabe von etwas Zucker nach dem Abseihen direkt als Getränk zu genießen. Weniger bekannt ist, dass man aus ihnen auch Marmelade kochen kann. Ihr Geschmack ist allerdings nicht jedermanns Sache.

Ähnlich verhält es sich bei der Schlehe, die blaue Früchte trägt und die man im Winter nach dem ersten Frost sammeln sollte. Man kann sie auch bei wärmerem Wetter ernten und in der Tiefkühltruhe der Kälte aussetzen. Das Ergebnis ist aber immer noch ein mehr oder weniger adstringierender (zusammenziehender) Geschmack, der ein pelziges Gefühl auf der Zunge hinterlassen kann.

Schlehe; Foto: privat

Das Problem von Hagebutte und Schlehe lässt sich aber ganz leicht lösen: man sammelt beide Früchte und kocht sie auch zusammen. Wenn man sie dann noch von ihren Samen/Steinen befreit, kann man einen schmackhaften Gelee bereiten, der weder an die eine noch an die andere Frucht erinnert. Probieren Sie es aus!

Frisch vom Acker

Von der industrialisierten Landwirtschaft angebauten Feldfrüchten sollte man allgemein die Finger lassen. Es gibt aber eine Ausnahme: die halbreifen Maiskolben. Von ihren Blättern befreit, kann man sie direkt essen – natürlich besser nicht unter den Augen des Bauern! Eine sinnvollere Verwendung ist das direkte Essen der Früchte dieses Getreides allemal. Die Nutzung des Mais als Viehfutter oder gar Energiepflanze war eigentlich auch nicht im Sinne der Erfinder – der Urbevölkerung Mittelamerikas!

Am Wegesrand kann man aber auch noch eine mit dem Bärlauch verwandte Pflanze finden, deren Nutzung nahezu unbekannt ist: den Schlangenlauch. Diese auch als Wilder Knoblauch bezeichnete Pflanze blüht im Frühjahr und trägt anschließend Brutzwiebeln auf langen Stängeln. Im Sommer kann man diese Brutzwiebeln leicht abstreifen und sammeln. Auf Frischkäse gestreut, ergeben sie einen herzhaften Brotaufstrich. Sie lassen sich aber auch als Beilage zu Salaten oder anderen Speisen verwenden. Übrigens: die Blätter des Schlangenlauchs sind auch zur Zubereitung von Pesto geeignet. Sein Geschmack ist nur etwas strenger als der des Bärlauchs.

Schlangenlauch; Foto: privat

Medizin aus der Natur

Wer die Möglichkeit findet, sollte sich eine Hausapotheke aus selbst gesammelten und getrockneten Kräutern zulegen. Hierbei sind aber gute Kenntnisse vonnöten, da es auch zahlreiche Giftpflanzen gibt – man denke an den Gefleckten Schierling, dem einst Sokrates zum Opfer fiel!

Bei der Echten Kamille kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Sie kann aber mit der Hundskamille verwechselt werden, die wirkungslos ist und nicht schmeckt. Dafür kann man aber auch die Färberkamille sammeln, deren Samen oft in Sommerblumen-Mischungen enthalten sind.

Relativ sicher (zwar etwas mühselig aber lohnend) ist für den ungeübten Sammler die Taubnessel. Sie ist leicht kenntlich und blüht vom Frühjahr bis zum Herbst. Im Handel werden für die getrockneten Blüten bis zu 40 Euro für 100g verlangt! Rote, gefleckte und andere Taubnesselarten können aber auch gesammelt werden. Selbst mit dem getrockneten Kraut werden inzwischen Geschäfte gemacht! Frisch kann es übrigens als Salat verwendet werden.

Letzteres gilt auch für Giersch oder den Echten Nelkenwurz – so groß dürfte der Hunger aber selten sein, dass er Unkräuter auf den Speiseteller bringt. Beim Löwenzahn ist das anders – hier können frische Blätter tatsächlich den Blattsalat ersetzen. Aus den Blüten kann Sirup bereitet werden – wer mag, kann es einmal ausprobieren!

Vorsicht beim Sammeln!

Nur noch kurz anreißen möchte ich am Ende das Reich der Pilze. Vorsicht sollte beim Sammeln selbstverständlich sein. Die Champignons aus dem Supermarkt haben dutzende Verwandte im Wald und auf Wiesen – ja selbst zwischen dem Straßenpflaster! Darunter sind mehrere ungenießbare bis giftige Arten, die bei der Zubereitung aus der Pfanne stinken – von den Verwechslungsmöglichkeiten mit tödlich giftigen Knollenblätterpilzen einmal ganz abgesehen!

Wer sich gut auskennt, kann aber zu jeder Jahreszeit den Tisch mit frischen Pilzen decken. Selbst im Winter kann man die Wildform der Austernseitlinge (»Austernpilze« im Gemüseregal) oder den Samtfußrübling an Bäumen und Stümpfen finden.

Samtfußrübling; Foto: privat

Weiterführende Informationen:

Die phantastische Welt der Heilpflanzen: Der Weißdorn

Natürliche Nahrungsreserve: Der Austernseitling

Die phantastische Welt der Heilpilze: Das Judasohr

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