In den Zeiten steigender Lebensmittelpreise ist es zweckmäßig, seine Vorräte aus der Natur zu ergänzen. Trotz der Kälte ist es möglich, genießbare Pilze zu sammeln – und das kiloweise! Im Unterschied zu den Angeboten im Handel sind sie nicht nur kostenlos, sondern garantiert nicht gespritzt. Allerdings können sie dann auch madig sein – ungebetene Gäste haben auch im Winter Appetit!

Der folgende Beitrag erschien erstmals im Januar 2022:
Die phantastische Welt der Heilpilze
Nein, Sie haben sich nicht verlesen: mitten im Winter machen wir einen Abstecher zu den Pilzen. Schlehdorn, Hagebutte, Mistel und das Schneeglöckchen als pflanzliche Helfer in der kalten Jahreszeit wurden bereits abgehandelt. Auf der Suche nach einem Kandidaten für den Januar stieß ich auf den Austernseitling. Er wächst in milden Phasen des Winters an Bäumen und Stümpfen. Man findet ihn aber auch als »Austernpilz« in der Gemüseabteilung vieler Märkte.
Ines Schreiber
Steckbrief
Der Austernseitling (Pleurotus ostreatus) ist eine Pilzart aus der Familie der Seitlingsverwandten. Er wächst in dichten Büscheln an lebendem oder Totholz, meist an Laubbäumen. An stehenden Bäumen können die Fruchtkörper in mehreren Metern Höhe erscheinen.
Die Farbe des Hutes ist sehr veränderlich, von fast schwarzen bis bläulichen, violetten bis aschgrauen Tönungen. Er wächst etwas seitlich aus dem Stiel heraus und ist meist stark exzentrisch, muschelförmig, auch zungen- oder spatelförmig. Die Hüte erreichen einen Durchmesser von 5 bis 15 Zentimeter, vereinzelt auch größer. Das Fleisch ist dick, weiß und weich, später zäh werdend.

Geschichte des Anbaus
Erste Kulturversuche mit dem Austernseitling wurden in Japan und Europa um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert unternommen. Seine Stellung als wichtigster Konkurrent des Zucht-Champignons verdankt er jedoch den Arbeiten von Luthardt (1948), Block & al. und einigen ungarischen Autoren. Schon 1969 brachten ungeschützte Freilandkulturen in Ungarn mit 340 Tonnen Fruchtholz pro Hektar in drei Jahren etwa 70 Tonnen Pilzertrag.
Ihre ungewöhnliche Fähigkeit zur Unterdrückung von Konkurrenzorganismen gestattet den Seitlingen die Verwendung nahezu aller pflanzlichen Abfälle.
Medizinische Wirkung und Verwendung
Weltweit ist der Austernpilz nach Champignon und Shiitake der am dritthäufigsten angebaute Pilz. Sein Geschmack erinnert an Kalbfleisch, weshalb er als gesunder, hochwertiger Fleischersatz verwendet wird. Da Pilze aus unverdaulichem Chitin aufgebaut sind, können aus ihnen fettarme, ballaststoffreiche Speisen bereitet werden. Sie bieten eine Vielfalt an besonderen Inhaltsstoffen, wie Spurenelemente, Mykosterine, besondere Polysaccharide oder auch spezifische enzymatisch wirksame Proteine.
Der Austernseitling ist medizinisch interessant, er gilt auch als Heilpilz (Vitalpilz). Es liegen Hinweise auf eine vorbeugende Wirkung hinsichtlich chemisch induzierter Formen von Darmkrebs vor. In der traditionellen chinesischen Medizin wird er zudem für den Bewegungsapparat eingesetzt. Er entspannt Muskeln, Sehnen und Gelenke. Vitamin D (Calciferol) fördert die Knochenbildung und trägt zur Osteoporose-Prävention bei.
In Russland wurde aus ihm ein Antibiotikum extrahiert und er wird zur Regulierung des Cholesterinspiegels eingesetzt. Er regeneriert Darmbakterien, beispielsweise nach einer Antibiotikatherapie.
Der Austernpilz ist ein wichtiger Vitamin-B-Lieferant. Die ebenfalls in ihm enthaltene Folsäure ist wichtig für die Blutbildung und fördert das Wachstum junger Zellen, auch im Knochenmark. Außerdem senkt sie den Homozysteinwert im Blut, der ein großer Risikofaktor für die Entwicklung von vaskulären Demenzen und Morbus Alzheimer darstellt.
Man kann aber auch einfach »Guten Appetit« sagen!
Weiterführende Informationen:
Die phantastische Welt der Heilpflanzen: Die Hundsrose
Die phantastische Welt der Heilpilze: Das Judasohr
