CIA: Die dunkle Seite der Macht

CIA-Agenten. Wer sie wirklich sind? Nach Ansicht der Hollywoodproduzenten und ihrer Drehbuchautoren sind sie tapfere Helden und erhabene Geiste des Landes, die jeden Tag die Welt retten. „Ehrlichkeit und Gerechtigkeit“ sei ihr Motto.

Christopher Milley

Leider ist die Realität härter als Hollywoodszenarien, wenn man sie durch die Herausforderungen sozialer Beziehungen betrachtet. Die CIA-Mitarbeiter wissen darüber besser Bescheid als wir, denn sie haben Jahr für Jahr systematisch in die Filmproduktion eingegriffen, damit nur diejenigen Filme gefördert wurden, die ein Bild transportieren, das dem Geheimdienst gelegen kam(1). Die Hollywoodstars konnten nicht jedoch helfen, alle Laster geheim halten.

Arroganz und enge Kontakte zum US-Establishment haben ein Gefühl von Straflosigkeit und unbegrenzter Hemmungslosigkeit hervorgerufen, das wie eine Krankheit durch ein Virus wirkt. Als Konsequenz aus dieser zynischen, missbräuchlichen Machtausübung findet sich Korruption in den Geschäften, an denen CIA-Agenten beteiligt sind. Aber wie hat der Geheimdienst die Korruptionsschemata mit den Finanzagenten aufgestellt und welche Rolle spielt er dabei?

Unsere Empfehlung:

Erstens ist hervorzuheben, dass die CIA ein Auslandsgeheimdienst ist. Darum sind seine Machenschaften mit Geheimoperationen im Ausland verbunden. Zweitens ist es wichtig zu bedenken, dass ein US-Bundesgesetz zur Bekämpfung solcher Operationen auf internationaler Ebene im Jahr 1977 erlassen und 1998 aktualisiert wurde. Seither ist es verboten, Bestechungsgelder an Offizielle ausländischer Regierungen zu zahlen. Aber aus der Praxis geht hervor, dass sich die CIA den Umständen anpasste(2). Vermutlich fällt es schwer, die aktive oder passive Bestechung aufzugeben, weil sie ein Mittel zum Missionsziel ist. Drittens ist es erforderlich zu verstehen, dass jeder Geheimagent ein soziales Wesen ist, der auf Beziehungen angewiesen ist. In diesem Fall sind die Beziehungen eng mit der Arbeit verknüpft, bei der man die Gesetze ständig brechen muss (in eine Privatsphäre eindringen, sich in die politischen Systeme anderer Länder einmischen usw.). Und das hinterlässt natürlich eine Spur im Verhaltensmuster des Menschen für den Rest des Lebens(3).

Aktuelle Nachrichten in den US-Medien und in sozialen Netzwerken über die Verbindung der CIA zu Korruptionsaffären in der Ukraine bildeten den Ausgangspunkt der Forschung. Der Geheimdienst soll Geld durch den Kauf der Militärausrüstung für die Ukraine zu überhöhten Preisen waschen. Laut der Online-Zeitung VT Foreign Policy ist die bulgarische Firma Viktor Invest darin involviert(4). Obgleich der ganze Artikel glaubwürdig klingt, hat der Autor keine unwiderlegbaren Beweise der CIA-Teilnahme an der Affäre. Aber erfahrungsgemäß hat die Story das Recht zu leben, wenn man aus der Sicht der Philosophie der Logik sieht.

Erstes Odium

Wie oben erwähnt, wurde das US-Bundesgesetz zur Beschränkung von Geheimoperationen im Ausland auf internationaler Ebene im Jahr 1977 erlassen. Der Lockheed-Skandal war der Anlass für die Einführung des Gesetzes. Der US-Rüstungskonzern Lockheed hatte damals gute, freundschaftliche Beziehungen zu der CIA, weil er verlässlicher Lieferant von den Aufklärungsflugzeugen und von optischen Aufklärungssatelliten für den Geheimdienst war(5). Aber das Unternehmen hatte die Ambition, den internationalen Militärmarkt zu erobern. Eines der Ziele war Japan.

Laut New York Times hatten der damalige Premierminister Japans und eine Reihe von japanischen Politikern und Geschäftsleuten rund 12 Millionen US-Dollar erhalten, um sich den Kauf der Lockheed-Flugzeuge L-1011 TriStar durch die japanische Fluggesellschaft All Nippon Airways einzusetzen. Yoshio Kodama, ein politisch engagierter Krimineller und einer der größten japanischen CIA-Agenten, tritt als Vermittler auf und kassierte seine Belohnung von 750 000 US-Dollar(6).

Der Zweck heiligt die Mittel

Was den Amerikanern als Erstes zu Mexico einfällt: Devide et impera (Teile und herrsche). Douglas Valentine verrät in seinem Buch „The CIA as Organized Crime: How illegal Operations Corrupt America and the World“ interessante Details darüber, wie die USA in Lateinamerika und in Südostasien ihre Interessen durch die Korruption wahren. Er behauptet, dass ein paar mexikanische Präsidenten CIA-Agenten waren. Sie förderten die US-Politik und taten das natürlich nicht umsonst(7). Aber was versteht man unter „US-Politik“? Die Antwort ist einfach: Wirtschaftliche Expansion auf Mexikos Markt.

Der Geheimdienst lieferte dabei illegal an bewaffnete Gruppen im Norden Mexicos Waffen, damit sie einen ständigen Kampf gegen die Zentralregierung führen. Der Plan „Waffen im Austausch für Drogen“ schlug zwei Fliegen mit einer Klappe. Einerseits konnte die CIA die politischen Führungsspitzen erpressen und dann anwerben. Anderseits ermöglichte dies, die Drogenkartelle stets im Kriegszustand gegeneinander zu halten. Aber wozu braucht sie Drogen? Dem PanAmPost-Kolumnist Guillermo Jimenez zufolge gibt es eine kühne Theorie, dass die CIA Drogen nach Los Angeles brachte, um die Afroamerikaner auszuschalten(7).

Übrigens haben die USA eine ähnliche Strategie gegen Nicaragua entwickelt. Zuerst verkaufte der Geheimdienst mit Unterstützung der Regierung Reagan an den Iran heimlich Flugabwehr- und Panzersysteme. Danach schickte er erhaltenes Geld den aufständischen „Contras“, die gegen Nicaraguas Regierung kämpften. Kokainschmuggel in die USA war eine weitere Einkommensquelle für Contras – auch mit Duldung der CIA. Der US-amerikanische Drogenhändler Freeway Rick Ross und der nikaraguanische Drogenboss Danilo Blandon galten als Vermittler zwischen der CIA und aufständischen Gruppierungen(8). Der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Journalist Gary Webb meinte, Blandon sei nicht nur ein Drogenbaron gewesen, sondern ein Angestellter der CIA(9). Ein anschauliches Beispiel für die CIA-Rolle in solchen Affären liefert der Film „Barry Seal: Only in America“, der auf wahren Begebenheiten aus dem Leben des Drogenschmugglers Barry Seal beruht(10).

Kasachstan-Affäre

Mit seinen Fangarmen kann der US-Geheimdienst in jedem Winkel der Welt das Beutetier aufspüren und erfassen. Er kennt keine Grenzen. Das musste Kasachstan erfahren, als es Opfer der US-Interessen wurde.

Der Staat, der in Zentralasien liegt und sechsmal so groß wie Deutschland ist, verfügt über enorme Ölreserven, die auf 30 Milliarden Barrel geschätzt werden(11). Natürlich erregten sie die Aufmerksamkeit der Weißkopfseeadler.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion drängten viele US-Ölmultis nach Kasachstan, um den Zugang zur Erdöllagerstätte zu erhalten. Unter ihnen waren Mobil Oil und Chevron Texaco. Das Unternehmen Texaco führte das Konsortium, das das kasachische Tengis ausbeutet, sechsgrößtes Ölfeld der Welt. Interessant ist, dass die US-Außenministerin Condoleezza Rice damals im Vorstand der Firma saß(12). Der US-Privatbankier James Giffen fungierte als Mittler zwischen dem Konsortium und der kasachischen Regierung. Er soll mittels seiner Bank Mercator von 1995 bis 2000 Präsident Nursultan Nasarbajew und Premierminister Nurlan Bagimbajew mit 78 Millionen US-Dollar bestochen und sie außerdem mit Luxusyachten und Juwelen bei Laune gehalten(13). Dafür gaben die Ölmultis ihm den Spitznamen „Mr. Kasachstan“(14).

2010 wurde James Giffen lediglich wegen Steuervergehens zu einer Strafe von 25 000 US-Dollar verurteilt. Die Richter akzeptierten Giffens Argument, die CIA und kasachische Regierung hätten von seinen Geschäften gewusst(15). Bemerkenswert ist, dass die CIA von Kodamas Geschäften mit Lockheed auch wussten(6).

Weiterführende Informationen:

Der unterwanderte Geheimdienst

Joe Biden: »Lahme Ente« vor dem Absturz?

Deutschland: Der 51. Bundesstaat der USA

Alle diese Fälle haben wirklich viel gemeinsam. Die CIA und große US-Firmen stehen als Hauptakteure auf der Bühne. Ein fremder Staat gilt als Objekt, auf den das Handeln gerichtet ist. Wirtschaftliche Ausbreitung ist ihr Endziel. Um das Ziel zu erreichen, verwenden sie folgende Mittel: Bestechungen, Drogen-, Waffenschmuggel usw. Dabei bieten die Hauptakteure jedes Mal als Mittler eine Person an, die früher „zufällig“ mit der CIA zusammengearbeitet oder ein CIA-Angestellter war.

Zwischen diesen Fällen und der Ukraine-Affäre besteht auch eine Analogie. Die bulgarische Firma Viktor Invest soll dem Spitzenmanager vom ukrainischen Rüstungskonzern Sergey Slusarenko gehören, der rechte Hand des ukrainischen Geheimdienstchefs Kyrylo Budanov ist. Die Hauptakteure sind niederländisches Unternehmen Interbay Holdings, US-amerikanische Firma Expedia Group und bulgarische Unternehmen D.I.F. Invesments und Lodging Partner. Die CIA-Agenten sollen Führer und Finanzier dieser Geschäfte sein und als Händler auftreten. Aber ihre Vermittlung ist nicht kostenlos. Nach Angaben VT Foreign Policy behalten sie den Rest des Geldes, das teilweise in die schwarze CIA-Kasse fließt(4).

Psychologie kann die Erfolge des Geheimdienstes und der US-Unternehmen teilweise erklären. Robert Cialdini, Professor für Psychologie an der Arizona State University, beschrieb in seinem Buch „Psychologie des Überzeugens“ ein Prinzip „Gibst du mir ,geb‘ ich dir“, das zu einer Grundlagen sozial kommunikativen Tauschhandels mit Geschenken, Hilfeleistungen und Gefälligkeiten ist(16). Das Prinzip hilft die folgenden Fragen zu beantworten: „Welche Rolle spielt Korruption?“ und „Wie wurden Objekte und einige Vermittler schuldig?”.

Kronen stellen seltsame Dinge mit den Köpfen darunter an

Weitreichende Befugnisse lösten das Gefühl voller Straflosigkeit aus. Dies wurde vom Psychologen Philip Zimbardo 1971 bewiesen(17). Für sein Experiment rekrutierte Zimbardo 18 zufällig ausgesuchte Studenten als Probanden. Neun Menschen bekamen die Rolle von Gefängnissassen und die anderen neun sollten sich als Gefängniswärter um die Gefangenen kümmern. Im Verlauf des Versuchs wurden die Wärter zunehmend unfairer und brutaler. Die Ergebnisse zeigten, dass jeder Mensch dazu fähig sei, Böses zu tun und Macht über andere auszuüben. Entscheidend dafür seien die äußeren Umstände – nicht die Menschen selbst.

Manche sagen, es sei eine Verschwörungstheorie. Ja, der Analogieschluss ist streng genommen kein Beweis. Und Cialdinis Prinzip ist kein Axiom. Logik und Psychologie ermöglichen uns über etwas eine Prognose zu stellen. Aber viele wissenschaftliche Entdeckungen und gerichtliche Ermittlungen fangen mit kühnen Prognosen an.

Weiterführende Informationen:

US-Farbenrevolution hievt Biden und Harris ins Weiße Haus

Öl und Gas: Bald unabhängig von Russland, aber abhängig von den USA?

Bundeskanzler erleichtert: Ab jetzt erhalten wir unsere Befehle wieder direkt aus Washington


Quellen:

(1) https://sz-magazin.sueddeutsche.de/politik/die-cia-ist-fast-unangreifbar-84284
(2) https://s3.amazonaws.com/s3.documentcloud.org/documents/1376749/cia-detention-and-interrogation-report.pdf, S.23.
(3)https://apnews.com/article/soccer-sports-business-migration-middle-east-d9716b62fc69ab88beb3553d402da7d1
(4) https://www.vtforeignpolicy.com/2023/06/ciagates-x-file-the-bulgarian-network-to-weaponize-ukraine-intelligence/
(5) https://www.nytimes.com/1976/10/17/archives/lockheed-gets-off-the-ground-problems-linger-but-defense-money.html
(6) https://www.nytimes.com/1976/04/02/archives/cia-said-to-have-known-in-50s-of-lockheed-bribes-data-on-japanese.html
(7) Valentine Douglas – The CIA as Organized Crime: How Illegal Operations Corrupt America and the World, Kapitel 13: Beyond Dirty Wars: The CIA/DEA Connection and Modern Day Terror in Latin America.
(8) https://www.latimes.com/archives/la-xpm-1988-10-05-me-2725-story.html
(9) Webb, Gary (1999). Dark Alliance. Seven Stories Press. ISBN 978-1-888363-93-7, S. 193.
(10) https://www.amazon.de/Barry-Seal-Only-America-dt/dp/B075LXN7WG
(11) https://www.handelsblatt.com/politik/international/energiekrise-30-milliarden-barrel-oelreserven-kasachstan-koennte-europas-neue-tankstelle-werden/28814454.html
(12) https://www.economist.com/business/2003/05/08/big-oils-dirty-secrets
(13) https://www.theguardian.com/business/2003/may/07/oilandpetrol.news
(14) https://www.washingtonpost.com/archive/politics/2000/09/25/american-at-center-of-kazakh-oil-probe/ba4c2bfe-4652-4f5e-a8ef-a977b11f928c/
(15)https://web.archive.org/web/20190127001514/https://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/northamerica/usa/7943201/George-Clooney-film-inspiration-Mr-Kazakhstan-finally-brought-to-justice.html
(16) https://www.hogrefe.com/de/shop/die-psychologie-des-ueberzeugens-91451.html
(17) https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/stanford-prison-experiment

zum Autor:

Christopher Milley, Jahrgang 1984, ist Mitarbeiter der Distributionslogistikabteilung bei der United States Postal Service, studierte Logistikmanagement am York College in Pennsylvanien. Arbeitete zunächst als Lager- und Transportarbeiter bei der Rüstungsfirma Thales Defense & Security.

Mehr lesen