Ukraine-Aufrüstung: Das heuchlerische Moralnarrativ der NATO

Die USA/NATO verfolgen eine Doktrin, die Ukraine aufzurüsten und Russland zum Rückzug zu zwingen. Wer das kritisiert, wird mit einem Moralnarrativ unter Druck gesetzt: Angegriffenen müsse man helfen! Das ist aber heuchlerisch.

Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede

Mit einfachen Botschaften versuchen die westlichen Eliten mittels Leitmedien einfache Botschaften zu verbreiten: Die Ukraine ist ein angegriffenes Land, dem man helfen müsse. Das wäre eine moralische Pflicht. Kritiker der NATO-Politik, die Ukraine aufzurüsten, werden mit Bildersprache in die unmenschliche Ecke gerückt, dass man zulasse oder billige, dass Frauen und Kinder missbraucht oder getötet werden.

Wir sehen das bei Auftritten von Sahra Wagenknecht oder anderen, die die Aufrüstung der Ukraine kritisieren, dass sie von den Systemlingen verbal angegriffen werden: „Sie heißen den russischen Angriff gut“, „sie billigen die Vergewaltigungen“, „sie billigen die Verbrechen der Russen“ und so weiter. Es handelt sich hierbei um rhetorische Kunstgriffe, die Schopenhauer in seiner Eristischen Dialektik als Kunstgriff Nr. 8 „Durch Fragen provozieren“ führt.

Unsere Empfehlung:

Was in den öffentlich-rechtlichen Medien passiert, erinnert an den Zweiminutenhass aus dem Roman 1984 von George Orwell. In dieser täglichen zweiminütigen Übung, werden die Untertanen auf die Feinde des Systems eingeschworen. Eine Art staatlich verordneter shitstorm.

Wagenknecht eingekreist bei Markus Lanz (Screenshot YouTube)

Moralnarrativ ist heuchlerisch

Überhaupt ist dieses Notwehrhilfe- und Moralnarrativ aus diversen Gründen falsch und heuchlerisch:

1. Es blendet die Vorgeschichte des Bürgerkriegs im Donbass aus, in dem sich die Ukraine ebenfalls Verbrechen gegenüber der russischstämmigen Zivilbevölkerung schuldig machte.

2. Es blendet auch aus, dass die Ukraine Optionen einer friedlichen Lösung nicht genutzt hat (Minsker Abkommen). Die Ukraine zählte darauf, dass die NATO-Mitgliedschaft rasch erfolgt, sodass sie die Umsetzung der Autonomie des Donbass auszusitzen versuchte. Denn nach der erfolgten NATO-Mitgliedschaft hätte Russland keine Option mehr gehabt, die Autonomie des Donbass militärisch durchzusetzen.

3. Es blendet weiterhin die Vorgeschichte der stetigen NATO-Osterweiterung aus.

4. Es gibt so viele Staaten, mit denen wir kooperieren, die aber selbst Angriffskriege führen, terroristische Organisationen unterstützen oder Minderheiten in ihrem Land unterdrücken: Wir kooperieren mit Golfstaaten wie Saudi-Arabien, welches einen Krieg gegen den Jemen führt; oder Katar, das islamistische Organisationen wie Hamas und Al-Qaida finanziert. Wir kooperieren mit Aserbaidschan, einer Autokratie, die gegen Armenien Krieg führt. Hier hat der Westen militärisch nicht geholfen. Der Unterschied ist, dass diese Länder für die USA wichtig sind, aus geografisch-geopolitischen oder rohstoffpolitischen Gründen. In Katar unterhalten die USA eine wichtige Militärbasis, die für Operationen im Nahen Osten wichtig ist1.

Der Westen und seine Führungsmacht USA haben kein Problem mit Autokratien oder Aggressoren, solange sie nützlich sind. Sie messen daher mit zweierlei Maß und damit hat sich das Moralnarrativ zerschlagen.

Weiterführende Informationen:

Nach Nord-Stream-Enthüllung – NATO-Presse greift Hersh an

Anschlag auf Nord Stream: Die Elefantenherde im Raum

Amerikanisches Gas statt Nord Stream 2: Für wen arbeitet Annalena Baerbock?

Abnutzungskrieg ist unmoralisch

Unmoralisch ist nur eines: Einen Abnutzungskrieg zu fordern. Ohne westliche Unterstützung hätte die Ukraine bereits kapitulieren müssen. Das wäre allemal besser gewesen als der jetzige Zustand eines zerstörten Staates. Die westliche Unterstützung führte bisher nicht zu einem Sieg der Ukraine, sondern zu einem Patt mit wechselweisen Vorteilen, ohne aber zu einer Entscheidung zu kommen. Aber den USA sind die Ukrainer völlig egal – es geht ihnen nur um eine Schwächung Russlands, nicht um die Verteidigung der Ukraine. Dafür sind Ukrainer ein Werkzeug. Nützliche Idioten.

Nachkriegsordnung unklar

Nehmen wir auch an, dass die USA und ihre NATO-Vasallen auf Kriegswirtschaft umstellen und damit Erfolg haben im Sinne von: Russland zieht sich zurück und ist als geopolitischer Gegenspieler der USA geschwächt oder sogar aus dem Spiel. Was wäre die Folge? Die Ukrainer würden die russisch-dominierten Gebiete im Donbass und vielleicht auch der Krim wieder einnehmen. Es würde nicht lange dauern und der Bürgerkrieg wäre zurück. Wahrscheinlich würden die Ukrainer noch härter gegen die russische Minderheit vorgehen. Es droht ein Endlosschwelbrand, den wir uns dann auch noch in die EU und vielleicht NATO einverleiben.

China als entscheidender Faktor

Ein anderes Szenario ist, dass Länder wie China, Indien und der Iran gar nicht zulassen, dass die amerikanische Strategie aufgeht, Russland in diesen Krieg gezwungen zu haben und daraus gestärkt hervorzugehen. Sie würden Russland Militär- und Wirtschaftshilfen zukommen lassen und den Krieg lebendig erhalten. Die Ukraine würde zu einer Neuauflage der Westfront des Ersten Weltkriegs werden. Mit unendlich vielen Toten auf beiden Seiten.

Verhandlungslösung einzige moralische Option

Sollte es wirklich um Moral gehen, kann die Lösung jetzt nur am Verhandlungstisch gesucht werden: Die Ukraine muss zulassen, dass Gebiete, in denen Volksrussen die Mehrheit stellen, autonom werden oder sich Russland anschließen. Zudem muss sich die Ukraine zur Neutralität verpflichten und darf nicht zu einem Frontstaat der NATO werden. Umgekehrt müssen die Russen der Ukraine Garantien geben.

Wer etwas anderes als eine Verhandlungslösung will, der ist der Unmoralische.

Weiterführende Informationen:

Amerikaner zerstörten Nord Stream – aber wie reagieren?

Nord Stream: Ein unglaublicher Anschlag

Nord Stream: „It’s done!“


1  https://www.rnd.de/politik/katars-aussenpolitik-terrorfinanzierung-und-gute-beziehung-zu-den-usa-35Z54X3IYBB2BIVAPD67WNE4MY.html (Aufruf: 01.03.2023).

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