»Die post-hegemoniale Welt: Gerechtigkeit und Sicherheit für alle«

In Russland endete die jährliche Waldai-Konferenz mit einer Rede Putins

Das Waldai-Forum, benannt nach dem Tagungsort der ersten dieser Tagungen seit 2004, ist ein jährlich im Herbst in Russland stattfindendes Treffen von Journalisten, Politikern, Experten und Wissenschaftlern oder anderweitig relevanten Personen des öffentlichen Lebens, wo vornehmlich internationale Politik diskutiert wird. Die diesjährige Konferenz im Raum Moskau war wegen des eskalierenden Ukraine/Russland-Konflikts vor allem mit Blick auf den traditionellen Auftritt des russischen Präsidenten interessant. Umso verwunderlicher, dass die deutschen Leitmedien nicht entsprechend darüber berichten.

Sascha A. Roßmüller

Vom 24. bis zum 27. Oktober tagte der internationale Diskussionsklub unter Beteiligung von 111 Vertretern aus 41 Ländern, soviel zur internationalen Isolierung Russlands. Zeitgleich zur Waldai-Konferenz gab es zudem eine diplomatische Kommunikation auf höchster Ebene, indem die beiden Außenminister Russlands und Chinas, Sergei Lawrow und Wang Yi, sich telefonisch abstimmten. Dabei erklärte der chinesische Spitzenpolitiker, dass Russland auf die Unterstützung Chinas bezüglich der Wiedererlangung seines Status als internationale Großmacht zählen könne.

Dass die westlichen Leitmedien der Waldai-Tagung nicht die angemessene Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen, liegt vermutlich schon im brisanten Konferenz-Motto begründet, versammelten sich doch die Teilnehmer um den Arbeitstitel „Die post-hegemoniale Welt: Gerechtigkeit und Sicherheit für alle“. Das Fazit des Gastgeber-Landes komprimierte Russlands Präsident Putin auf zwei wesentliche Aspekte: Zum einen, dass sowohl das Konfliktpotenzial der nächsten Jahre groß sei, ebenso aber auch die Chancen auf eine gerechtere Weltordnung, sowie der Feststellung, dass Russland aufgrund seiner historischen Entwicklung dem traditionellen Westen zwar nahestehe, sich allerdings niemals für die geopolitischen Ziele des Westens instrumentalisieren lassen werde.

Weiterführende Informationen:

Islamischer Terror: Putin in der Zwickmühle?

Putins Konservative Revolution

9. Internationale Sicherheitskonferenz in Moskau: Putins Kritik an der NATO

Putin: „barbarisches Verbrechen“

Meta-Blindheit des Westens

Laut dem libanesischen Nachrichtensender Al Mayadeen attestierte der russischen Präsident, der nicht nur eine Rede hielt, sondern sich auch zahlreichen Fragen stellte, dem Westen in seiner Einbildung, alle Weltregionen müssten sich nach dessen Vorbild entwickeln, eine „Meta-Blindheit“. Der Westen habe der Welt nichts als seine Herrschaft anzubieten, eine neue Weltordnung jedoch habe auf der Achtung der Unterschiede der Völker zu basieren.

Als Parallele zum Verlust der weltweiten Artenvielfalt nahm Putin zur kulturellen Vielfalt Bezug, die nicht weniger wichtig sei. Allerdings sei Vereinfachung und Auslöschung jeglicher Unterschiede zum Wesen des modernen Westens geworden. Mit Blick auf den Westen mahnte Putin weiter – an die Harvard-Rede des russischen Literaturnobelpreisträgers Alexander Solschenizyn aus dem Jahr 1978 erinnernd – dass der Glaube an die eigene Unfehlbarkeit ein sehr gefährlicher Zustand sei. Dem Philosophen Nikolai Danilewski zufolge bestehe Fortschritt nicht darin, dass alle die gleichen Wege beschreiten, sondern indem das gesamte Feld der historischen Tätigkeit des Menschen in allen Richtungen durchschritten werde.

Vom Liberalismus zur Despotie

Dies waren jedoch nicht die einzigen geisteswissenschaftlichen Bezüge. Putin kritisierte anhand der Cancel Culture, die einen Zensurwahn hervorbrachte, wie es ihn selbst zu Zeiten des Kalten Kriegs nicht gab, dass sich der Liberalismus von der Idee der Meinungs- und Handlungsfreiheit in ein absurdes Gegenteil verkehrte. Putin zitierte in diesem Kontext eine Figur aus dem Dostojewski-Roman „Die Dämonen“, wo es heißt: „Von einer grenzenlosen Freiheit ausgehend ende ich beim grenzenlosen Despotismus.“

Diejenigen, die in Washington die Politik bestimmen, könnten das Problem der Ukraine schnell mittels Diplomatie lösen – sie müssten lediglich ein Signal senden, antwortete Putin auf eine der gestellten Fragen. Interessant ist auch, dass nach seinem Besuch in Moskau der Präsident von Guinea-Bissau, Umaro Sissoco Embaló, tags darauf dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Kiew die Botschaft des russischen Präsidenten übermittelte, „dass ein direkter Dialog zwischen ihren beiden Ländern stattfinden sollte“. – Selenskyj lehnte ab!

USA übergeschnappt

Gewisse prominente Vertreter der amerikanischen Politik, konkret die 82-jährige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi von der Demokratischen Partei, welche die Biden/Harris-Administration trägt, geißelte Putin während der Diskussion schonungslos. „Warum ist das Großmütterchen über den Ozean nach Taiwan geflogen, um China zu provozieren“, fragte Putin und bezeichnete dies als „wahnsinnig“. „Geht’s noch? Oder sind die übergeschnappt?“, wurde der Präsident deutlich und stellte fest, dass dies jeglicher Vernunft widerspreche, um sogleich die Diagnose nachzuliefern: „Die sind wahnsinnig und sehr selbstsicher, sehr arrogant. Und sie fühlen sich stark und denken, dass sie ungestraft davonkommen können. Das ist die Grundlage solcher irrationalen Handlungen.“

Weiterführende Informationen:

Drei Gipfeltreffen – dennoch: Im Westen nichts Neues!

Weltordnung oder Pulverfass?

DS-Magazin im Juni: »Bidens Aufmarsch«

Bidens Tiraden und Putins Humor

Mehr lesen

BRD aktuell: Messerangriff in Heilbronn

Am Donnerstagmorgen, dem 6. Februar 2025, wurde ein 40-Jähriger in der St.-Gundekar-Straße in Heilbronn gegen 08:45 Uhr mit einem Messer angegriffen. Die

Friedrich, der Merzgefallene

Friedrich Merz … entweder er ist auf dem Weg, ein noch schlechterer Bundeskanzler zu werden als Olaf Scholz, oder er ist genial