Die AfD wehrte sich vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz – und verlor. Die Verhandlung fand am 08.03.2022 statt. Dem Rechtsvertreter der Schlapphüte entglitt ein interessanter Satz zum Thema Umvolkung.
Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede
Thomas Haldenwang, Merkels Kettenhund, folgte dem in Ungnade gefallenen Verfassungsschutz-Chef Dr. Hans-Georg Maaßen 2018, der sich weigerte, die Behörde weiter als Diskreditierungsagentur für das kosmopolitische Establishment missbrauchen zu lassen. Haldenwangs Dankeschön für den Karrieresprung war das sofortige Ausrufen eines Kampfes gegen den Rechtsextremismus, insbesondere die Beobachtung der Alternative für Deutschland (AfD). In die Offensive ging das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zu einer Zeit, in der die AfD in den Umfragen bei bis zu 18 % auf Bundesebene stand.
Aber die AfD wehrte sich vor dem Verwaltungsgericht Köln. Konkret ging es bei den Verhandlungen, die am 08.03.2022 stattfanden, um folgende Verfahren1:
Aktenzeichen | Beteiligte | Sachverhalt |
13 K 326/21 13 L 105/21 | AfD ./. Bundesamt für Verfassungsschutz | Die Klägerin klagt auf Unterlassung, sie als „Verdachtsfall“ einzuordnen und dies öffentlich mitzuteilen. |
13 K 325/21 | AfD ./. Bundesamt für Verfassungsschutz | Die Klägerin verlangt von der Beklagten die öffentliche Mitteilung zu unterlassen, dass der sog. „Flügel“ 7.000 Mitglieder hatte und auch aktuell noch hat. |
13 K 207/20 13 K 208/20 | AfD ./. Bundesamt für Verfassungsschutz | Die AfD wehrt sich gegen die Einstufung von Flügel und Junger Alternative als Verdachtsfälle. |
Weiterführende Informationen:
DDR 2.0: Die Rückkehr der »Staatsfeinde«
Der Verfassungsschutz – ein toxisches Gebilde?
AfD: Der Schrei nach dem Verfassungsschutz

Dass es dem Verfassungsschutz nicht um die Verteidigung der Demokratie geht, der „FDGO“, sondern um das öffentliche Delegitimieren einer starken rechten Oppositionspartei, steht außer Frage. Das Verwaltungsgericht in Köln untersagte dem BfV in einem Zwischenbescheid das weitere Bezeichnen der AfD als „Verdachtsfall“ und trotzdem stachen die „Regierungsschützer“ Parolen gegen die AfD an die Mainstream-Presse durch2.
Zwar hat das Verwaltungsgericht abschließend die Einstufung der AfD als Verdachtsfall zugelassen, aber das ändert nicht viel für die AfD. Sie ist schon das hässliche Kind der Politik und diejenigen, die die AfD derzeit wählen, dürfte das Urteil wenig interessieren. Dass das BfV nun noch aggressiver vorgehen darf – geschenkt. Einige AfD-Mitglieder, die im öffentlichen Dienst stehen, werden die Partei wohl verlassen.
Interessant ist aber, dass sowohl der BfV-Anwalt als auch das Gericht argumentierten, dass der (angebliche) Einsatz der AfD für den ethnischen Erhalt des deutschen Volkes eine Beobachtung rechtfertigen würde. Demnach ist die ethnische Zersetzung des deutschen Volkes also Staatsziel? Anscheinend ja. Das Gericht urteilt, dass eine ethnische Definition des deutschen Volkes dem Grundgesetz widersprechen würde. Darüber kann man streiten, denn es war über Jahrzehnte mit dem Grundgesetz vereinbar, die deutsche Staatsbürgerschaft an die Abstammung zu binden (bis zur Gesetzesänderung 1999/2000). 2017 war dieses Thema bereits Gegenstand des NPD-Verbotsverfahrens (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 -, Rn. 1-1010).
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Erkennbar ist, dass sich in der deutschen Rechtsprechung ein Zeitgeist widerspiegelt, denn Richter sind ja auch nur Menschen. Sie sind von politischen Milieus und Überzeugungen geleitet, die sich von Generation zu Generation verändern. Das Bundesverfassungsgericht ist zudem ein politisches Gericht, das nicht an ehernen Grundsätzen festhält – wie etwa den ethnischen Bestandsschutz Deutschlands – sondern Recht im Sinne der gegebenen politischen Mehrheitsverhältnisse weiterentwickelt. Und diese Mehrheiten bestimmen eben die personelle Besetzung des Gerichts.
Das Ergebnis können wir anhand von völlig gegensätzlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sehen – heute werden Entscheidungen zum Beispiel zum Thema Homoehe oder Staatsbürgerschaft gefällt, die bis in die 1990er noch undenkbar waren. Für die meisten Deutschen waren bis dahin bestimmte Grundsätzlichkeiten gesetzt, vor allem, dass die Ehe zwischen Mann und Frau gilt oder man Deutscher nur durch Abstammung wird. Nun argumentieren die Richter, dass das Grundgesetz diese Annahmen nicht enthält und der Gesetzgeber und die Gerichte deshalb Spielraum hätten.
Man kann das auch anders sehen: Die Grundgesetzväter konnten sich ein Deutschland, wie es heute ist, einfach nicht vorstellen. Sie konnten sich eine Homoehe nicht vorstellen; sie konnten sich nicht vorstellen, dass das Asylrecht zum Einfallstor für millionenfachen Einwanderungsmissbrauch wird; sie konnten sich nicht vorstellen, dass Gastarbeiter zu Dauergästen werden und irgendwann mal ein Türke Landwirtschaftsminister oder Bürgermeister einer Großstadt wird. Und ich wage zu behaupten, dass die Mehrheit der Grundgesetzväter dies auch nicht wollten und würden sie geahnt haben, wohin die Reise geht, sie Sicherungen dagegen eingebaut hätten. Wo sitzen also die wahren Verfassungsfeinde? Nicht bei AfD oder NPD, sondern dort, wo Recht gesprochen und angeblich die Verfassung geschützt wird.
Weiterführende Informationen:
Die AfD nun endgültig im Visier des Verfassungsschutzes?
Muslimbrüder breiten sich in Sachsen aus – der Verfassungsschutz schaut zu!
Sachsen-Anhalt: „Verfassungsschutz“ beobachtet die AfD

Eine provokante These. Im Grundgesetz Artikel 146 steht: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Wenn man ein anderes Deutschland will, sagen wir ein völkisch-nationalistisches, dann bräuchte man eine dahingehend konkretisierte Verfassung, die es eben nicht der Ebene der Gesetzgebung überlässt, wer Staatsbürger ist oder nicht. Wie kann diese freie Entscheidung darüber organisiert werden, wenn es verboten ist, dieses Ziel zu verfolgen? Hier beißt sich doch das Konzept. Auf der einen Seite soll man dem Volk die Freiheit lassen, sich auch eine andere Verfassung zu geben, auf der anderen Seite werden solche Versuche schon im Keim unterdrückt.
Weil unsere Eliten ein völkisch definiertes Deutschland nicht wollen, wird das „deutsche Volk“ einfach ethnisch umdefiniert. Ein Trost ist, dass sich der Zeitgeist auch ändern kann – es werden auch die Zeiten kommen, in denen die gegenwärtige Politik in Deutschland mit seiner Abkehr von Volk und Nation den Menschen wieder absurd erscheint, ja sogar verantwortungslos und ideologisch fehlgeleitet.
Über einen langen Zeitraum waren „Volkstod“ und „Umvolkung“ Schlagworte, die vom Mainstream ins Reich der Verschwörungstheorien verbannt wurden1. Von wegen: Die Umvolkung ist nicht nur eine statistisch messbare Tatsache – es ist amtlich, dass eine politische Agitation gegen diese als staatlich verfolgungswürdig gilt.

1 https://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Interssante-Verfahren/index.php (Stand 22.02.2022).
2 https://www.tagesspiegel.de/politik/umstrittene-afd-einstufung-warum-presse-kein-partner-fuer-den-verfassungsschutz-sein-kann/26980050.html (Aufruf: 08.03.2022).
3 https://deutsche-stimme.de/strg_f-zu-umvolkung-zwischen-linker-rhetorik-und-recherchefehlern/ (Aufruf: 08.03.2022).