Wenn es darum geht, dass deutsche Industrien sich reorganisieren, setzen „unsere deutschen“ Politiker gerne auf „europäische Lösungen“. Das heißt so gut wie immer, dass deutsche Interessen ausverkauft werden. „Europäische Lösungen“ sind ein Code für Macht- und Wissenstransfers von Deutschland an andere Länder. Unsere U-Boot-Schmiede könnte der nächste Fall sein.
Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede
Die Zugsparte von Siemens sollte im Jahr 2017 mit der von Alstom fusionieren und ein „Schienen-Airbus“ bilden. Die Logik dahinter: Siemens und Alstom sind allein zu klein, um der wachsenden chinesischen Konkurrenz begegnen zu können. So war das auch bei Airbus: Mehrere europäische Flugzeugbauer fusionierten zu einem großen, um dem Marktführer Boeing die Stirn zu bieten. Mit Erfolg, wie sich heute zeigt. Airbus hat derzeit die Nase vorn. Aus dem Schienen-Airbus von Siemens und Alstom wurde aber nichts, wegen Einspruch aus Brüssel. Das Unternehmen wäre in Europa zu mächtig geworden1.
Betriebswirtschaftliche Logik nachvollziehbar
Grundsätzlich ist gegen diese Logik betriebswirtschaftlich nichts einzuwenden. Chinesische Unternehmen generieren aufgrund ihrer Produktionsmenge und Standortvorteilen Effekte, die zu günstigen Preisen führen. Dem haben die Europäer selten etwas entgegenzusetzen und die Flucht in die Qualitätsnische funktionierte schon bei der Unterhaltungselektronik nicht, in der sich in den 1980ern und 1990ern die Japaner und Taiwanesen durchsetzten.
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Europäische Kompromisse … zulasten Deutschlands
Gut gemeint und richtig gedacht heißt aber nicht gut gemacht. Bei Airbus setzen sich die Franzosen im Machtkampf mit den Deutschen durch: Französische Standorte und Arbeitsanteile werden gestärkt, mit deutschem Geld. Mittlerweile sitzt die Airbus-Unternehmenszentrale nur noch in Frankreich (Toulouse), früher saß sie in Deutschland (München) und Frankreich (Paris)2. Und auch bei der Alstom-Siemens-Zugfusion war geplant, die Firmenzentrale sofort irgendwo im Großraum Paris anzusiedeln, nahe an der französischen Politik3 – und weit weg von der deutschen. Gut, wenn man sich die deutsche Politik ansieht, dann ist das vielleicht gar nicht so dumm.
Warum sind die Deutschen so nachgiebig?
Dass die Franzosen die Deutschen immer wieder über den Tisch ziehen, dürfte einfach an der Entschlossenheit französischer Politiker liegen, das Optimum für das eigene Land herauszuschlagen. Dieses Selbstbewusstsein und diesen nationalen Ehrgeiz gibt es in Deutschland aus vielen Gründen nicht: Zum einen paktieren Deutsche aus historischer Erfahrung gerne mit Fremden; zum anderen ist der Es-allen-Recht-machen-wollen-Modus den Deutschen in Fleisch und Blut übergegangen. Das Wort „nationale Interessen“ löst bei Deutschen bereits eine Abscheu aus. Das haben unsere Siegermächte, nein „Freunde“, gut gemacht.
Was noch hinzukommt: Der Glaube bei manchen deutschen Politikern, dass die Zugeständnisse bei Zügen, Flugzeugen etc. für die deutsche Wirtschaft verkraftbar seien, da Deutschland über starke andere Industrien verfügt, speziell Automobile, Chemie und Maschinenbau. Aber wenn die Morgenthau-Partei genannt Grüne so weiter macht, dann sind auch diese industriellen Säulen bald umgestürzt. Zu guter Letzt wird dieser Irrtum noch dadurch verstärkt, dass Deutschland meistens von der CDU regiert wird, und für die ist die deutsch-französische Freundschaft so ein Mantra, das in die Zeit Adenauers zurückreicht – sie ist zur Identität der CDU geworden. Und diese zu pflegen heißt in der politischen Realität, Paris regelmäßig Geschenke zu machen. Der „Freundschaft“ wegen.
ThyssenKrupp Marine Systems – Kommt das Schiffbau-Airbus?
Nun will die ThyssenKrupp-Chefin ihre Marinesparte verkaufen4. Das Unternehmen benötigt nämlich Geld, weil es in andere Unternehmenssparten investieren muss. Und weil ThyssenKrupp seine vergangenen Fehlentscheidungen finanziell zu büßen hat. Die Sparte mit dem Namen „ThyssenKrupp Marine Systems“ ist eigenen Angaben nach Weltmarktführer bei nichtnuklearen U-Booten. Sie litt aber lange daran, dass die Merkel-Regierung deutsche Rüstungsverkaufsaktivitäten im Ausland nicht unterstützte. Rüstung war für Angela Merkel ein Schmuddelkind, mit dem sie ihr tolles Image nicht besudeln wollte. Es droht wieder ein übler Kompromiss zulasten Deutschlands Unabhängigkeit in der Rüstung. Ganz besonders, wenn die Franzosen der Partner werden, wie die französische Naval-Group. Das wäre der Super-GAU.
Schaufenster in die Abwicklung eines Landes
Die Rüstungsindustrie ist normalerweise der Liebling der Politik. In den USA, dem Land mit dem weltweit größten Verteidigungsbudget, geben Unternehmen wie Lockheed-Martin oder Boeing der Politik nicht selten den Takt vor. In Deutschland ist es genau andersherum. Das zeigt wie ein Schaufenster, dass unsere Mainstream-Politik nichts an Deutschland für schützenswert erachtet. Wichtige Technologien, die im Verteidigungsfall einen Unterschied machen würden, werden fremden Mächten in die Hand gelegt. Mächte, die heute Freund sind (wenn sie nicht gerade unsere Pipelines sprengen), aber morgen schon Feind oder Verräter sein könnten. Ob im Fall der Fälle Franzosen und Co. wirklich für Deutschland in die Bresche springen, darf bezweifelt werden. Das ist sicherlich keine neue Entwicklung, sondern ein wesentliches Merkmal des BRD-Entwurfs. Dennoch ist die Rasanz dieses Prozesses und der geringe Widerspruch aus der Bevölkerung schockierend.
Wir werden sehen, wie es mit ThyssenKrupp Marine Systems ausgeht.
Weiterführende Informationen:
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Anschlag auf Nord Stream: Die Elefantenherde im Raum
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1 https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/siemens-alstom-eu-kommission-untersagt-fusion-der-zugsparten-a-1251851.html (Aufruf: 03.04.2023).
2 https://deutsche-stimme.de/deutschland-und-frankreich-gekaufte-freundschaft/ (Aufruf: 03.04.2023).
3 https://press.siemens.com/global/de/pressemitteilung/siemens-und-alstom-wollen-gemeinsam-europaeischen-champion-fuer (Aufruf: 03.04.2023).
4 https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/thyssenkrupp-marine-u-boote-verkauf-stahl-aufsichtsrat-merz-1.5779953 (Aufruf: 03.04.2023).