Syrien: Der Westen bejubelt Islamisten

Die Vorgänge in Syrien zeigen, dass wir den guten alten Kalten Krieg wiederbelebt haben. Es ist wie in Afghanistan Ende der 1980er-Jahre. Der Westen bejubelt Islamisten – und wird sich später mit dem Problem beschäftigen müssen. Assad ist kein Kuschelführer, aber dessen Baath-Partei müsste eigentlich der Hoffnungsträger des Westens sein. Aber in diesem Konflikt geht es um etwas anderes: die Türkei, Israel vs. Iran und USA vs. Russland. Ein Stellvertreterkriegsschauplatz.

Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede

Während Russland in der Ukraine schwer beschäftigt war, baute sich im Nord Syriens eine schlagkräftige Anti-Assad-Armee auf. Unterstützt von der Türkei versteht sich – und von der Ukraine. So schreibt es das ukrainische Propagandablatt „Kyiv Post“ selbst: Die „Rebellen“ sind „ukrainisch ausgebildet“ und „türkisch finanziert“:

Quelle: https://www.kyivpost.com/post/43117 [08.12.2024].

Jetzt, im Dezember 2024, steht Damaskus vor dem Fall, Assad ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf der Flucht. Wie konnte das passieren? Und vor allem in dieser Geschwindigkeit.

Westliches Regime-Change-Projekt lebt wieder

Das westliche Regime-Change-Projekt, das die iranfreundliche Assad-Regierung zugunsten Israels schon vor zehn Jahren hätte ablösen sollen, erlebte 2015 durch das Eingreifen Russlands einen Rückschlag. Seit etwa 2018 war die Situation statisch geworden (siehe Karte unten): Im Norden hielt die Türkei einige Grenzgebiete besetzt, die von den USA unterstützte kurdische SDF (Syrian Democratic Forces) kontrollierte das Gebiet östlich des Euphrats, die USA hielten ein Gebiet im Süden des Landes, an der Grenze zu Jordanien und dem Irak. Die Russen und Iraner schalteten ISIS aus und ließen Baschar al-Assad den Rest des Landes weiterregieren.

Quelle: https://de.statista.com/infografik/19644/politische-einflussgebiete-in-syrien/ [08.12.2024].

Eine nachhaltige Friedensordnung war das natürlich nicht. Es war eine Art Kriegspause, denn kriegstreibende Kräfte wie NATO, Israel und die Türkei waren weiterhin nicht zufrieden. Immerhin geht es in Syrien für alle um viel1:

  • Israel möchte das Assad-Regime weiterhin verjagen, denn es will nicht, dass Syrien – praktisch vor der eigenen Haustüre – zum Aufmarschgebiet für den Iran wird. Der Iran und die Assads sind verbündet.
  • Die Türkei hat mit den Kurden (SDF) in Syrien ein Problem, die dort einen Staat im Staat aufgebaut haben („Rojava“), der sich bei weiterer Stabilisierung für die Kurdengebiete in der Türkei interessieren könnte.
  • Die NATO und ihre Führungsmacht USA unterstützen (natürlich) Israel, müssen die Türkei bei Laune halten und haben zudem noch ein eigenes Interesse, nämlich Russland zu schwächen. Darin eingeschlossen das NATO-/USA-Anhängsel Ukraine.
  • Praktisch als Beifang einer permanenten Syrien-Krise gelingt es den USA, Europa weiterhin mit Flüchtlingen zu überschwemmen und zu destabilisieren und zu spalten.

Weiterführende Informationen:

Selenskyjs Siegesplan: Besser Dritter Weltkrieg als eigene Zugeständnisse

Wer verhindert die Rückkehr von Flüchtlingen aus Europa nach Syrien?

Türkei marschiert in Syrien ein

Wagner fehlt

Israel, die Türkei und die NATO lagen auf der Lauer. Der Moment der Schwäche kam, und zwar mit dem Krieg Russland–Ukraine seit 2022 und den Kampfhandlungen zwischen Israel und Hisbollah/Iran in diesem Jahr. Weder die Russen noch der Iran haben die Kapazitäten, das Assad-Regime zu retten, ihre eigenen Kriege zu führen und noch an anderen Schauplätzen in Afrika mitzumischen. Das liegt auch daran, dass die Russen die Wagner-Armee (Gruppe Wagner, PMC Wagner, jetzt „Afrikakorps“) als einstige Speerspitze und effektive Truppe in Syrien deutlich eingeschränkt bis nahezu neutralisiert haben. Sie drohte, mächtig zu werden. Der Wagner-Armee gelang es immerhin, mit unternehmerischen Fähigkeiten die Ineffizienzen der regulären russischen Armee auszugleichen. Ohne sie wären die russischen Erfolge in Syrien nicht möglich gewesen. Auch im ukrainischen Bachmut waren es einschlägigen Berichten nach die Wagner-Soldaten, die den Unterschied machten.

Assads eigene Fehler

Nun zeigt sich, dass Assad selbst keine eigene Hausmacht besitzt. Er hängt am Tropf Russlands und iranisch-schiitischer Milizen. Und es ist ihm auch nicht gelungen, den Sieg 2018/2019 richtig einzuschätzen – nämlich als einen vorübergehenden. Wenigstens einen seiner Feinde hätte er auf seine Seite ziehen können: die Türkei. Hier bestand Potential, denn die Türkei ist nicht zwingend israelfreundlich, verhält sich im Gaza-Konflikt sogar offen israelfeindlich; sie möchte sich dem BRICS-Block anschließen, in dem China und Russland den Ton angeben; mit den Kurden bestünde ein weiterer gemeinsamer Feind. Assad hätte sich der Türkei als beste Alternative anbieten können, mit den Gemeinsamkeiten der Feindschaft zu Israel und den Kurden und der Freundschaft zum BRICS-Block. Hat er aber nicht. So berichtet auch Nahostexperte Daniel Gerlach im ZDF2, dass Assad etwas arrogant die Versuche der Türkei, wieder ins Geschäft zu kommen, abgewiesen hatte.

Die Türkei als treibende Kraft der HTS-Offensive

So etwas lässt sich ein Mann wie Recep Tayyip Erdoğan nicht gefallen. Und so baute die Türkei in der Provinz Idlib eine regionale Regierung unter Führung des HTS und – wie wir jetzt merken – eine Armee auf. Gelder fließen wahrscheinlich auch aus Katar und Saudi-Arabien. HTS steht für Haiʾat Tahrir asch-Scham (arabisch für „Komitee zur Befreiung der Levante“). Das HTS ist aber nichts anderes als ein Nachfolger von Al-Qaida. An seiner Spitze steht Muhammad al-Dscholani. Er wird von den USA gesucht. Eigentlich führt der Westen das HTS als Terror- oder Extremistenorganisation, aber momentan gilt eher3: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Und weil Gelegenheit Diebe macht, ist der Sturz Assads und die Schwächung Russlands jetzt viel wichtiger als eine Abgrenzung gegenüber radikalen Islamisten. Auch US-Flugzeuge fliegen derzeit Angriffe in Syrien und unterstützen damit das HTS, auch wenn die Amerikaner das unter dem Deckmantel des Anti-ISIS-Kampfes machen4.

Regenbogen-Dschihadisten

Damit das auch der westlichen Bevölkerung verkauft werden kann, verfolgen al-Dscholani und sein HTS eine clevere Marketing-Kampagne, die der Westen fleißig verbreitet. Der britische „Telegraph“ berichtet über „vielfaltsfreundliche Dschihadisten“; die deutschen NATO-Pressestellen wie die Springer-Medien verbreiten die These von der Befreiung, von „Rebellen“, die den Russen und Assad einheizen. Man kann sich das Gespräch zwischen der NATO und HTS so vorstellen: In Ordnung, wir unterstützen euch. Aber nach eurem Sieg müsst ihr einen CSD veranstalten, okay? Das brauchen wir für unsere Öffentlichkeit.

Quelle: https://www.telegraph.co.uk/world-news/2024/12/03/syria-diversity-friendly-jihadists-plan-building-state/ [08.12.2024].

Quelle: https://youtu.be/-2kaneDNOus?si=bHnIFpVfJR2roew5 [08.12.2024].

Nächste Flüchtlingswelle droht

Die von Assad geführte laizistische Baath-Bewegung sollte dem Westen eigentlich näher stehen als irgendwelche Islamisten, wäre da nicht deren Feindschaft zu Israel und Freundschaft mit Russland und dem Iran. Wichtig ist letztlich, dass Syrien zur Ruhe kommt und die Eingriffe fremder Mächte ein Ende nehmen, damit die Syrien-Flüchtlinge wieder zurückgeschoben werden können. Aber das dürfte auch mit dem HTS nicht der Fall sein. Denn was nach dem Assad-Sturz kommt, ist der Kampf zwischen HTS und den kurdischen SDF, denn um die Kurden zu unterdrücken, hatte die Türkei das HTS ja aufgebaut. Die nächste große Welle von Flüchtlingen werden wohl die kurdischen Syrer sein.

Flexible Moral des Westens

Das Verhalten unserer regierenden Politik und der Systemmedien beweist die flexible Moral unseres Establishments. Die Bevölkerung bildet sich etwas ein, wenn sie davon ausgeht, dass dieses Establishment etwas anderes als nur die eigenen Interessen verfolgt. Interessen, die mit dem „Gemeinwohl“ nichts gemein haben. Al-Qaida und Dschihadisten sind mal Feinde, mal Freunde. Wie es unsere Politik gerade braucht. Auch das syrische Volk ist nichts anderes als eine Figur im globalistischen Schachspiel.

Nationalisten als wahre Menschenfreunde

Wir Nationalisten wünschen in Syrien aber Ruhe und Stabilität, weil wir keine Flüchtlinge in unserem Land haben wollen. Politik und Medien beschimpfen uns daher als fremdenfeindlich. Gleichzeitig bejubelt dieses globalistische Kartell Kampfhandlungen in Syrien, weil es in ihren Plan passt. Wären wir an der Regierung, gäbe es weder in Syrien noch anderswo Kriege. Denn wir wollen stabile Grenzen und keine Kriege, die Migrationswellen anschieben. Die ach so menschenfreundlichen Globalisten dagegen wollen aber genau das: Kriege und Krisen. Denn damit reißen sie die Nationalstaaten ein. Das ist ihr Ziel.

Weiterführende Informationen:

Sollten die Luftschläge gegen Syrien Giftgas-Untersuchungen behindern

Ohne wirksame Innenpolitik wird der Syrien-Einsatz zum Bumerang

Wahnsinn mit Methode: Deutschland setzt einseitig das Dublin-Abkommen für Syrien-Flüchtlinge aus


1  https://deutsche-stimme.de/worum-gehts-nochmal-im-syrischen-buergerkrieg/ [08.12.2024].

2  https://www.youtube.com/watch?v=I5hJ9g78vKE [08.12.2024].

3  https://www.dni.gov/nctc/ftos/hts_fto.html [08.12.2024].

4  https://esut.de/2024/12/meldungen/55255/us-kraefte-greifen-ziele-in-syrien-an/ [08.12.2024].

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