Deutschlands systematisch degenerierende Wirtschaft ist ein fast apokalyptisch anmutendes Thema. In zwei anderen Artikeln beschäftigten wir uns mit der Frage der öffentlichen Investitionen und der tieferen Gründe der Misere. Da ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Wiedererstarken unserer Wirtschaft die Innovationsfähigkeit ist, widmet sich dieser Artikel diesem Thema. Die Deutschen sind nämlich nicht so innovativ, wie es scheint.
Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede
Welche wichtige Rolle die günstigen russischen Rohstoffe für die deutsche Wirtschaft seit 1970 spielen, das merken wir jetzt, da diese nicht mehr da sind. Die deutschen Unternehmen kippen wegen der hohen Energiekosten reihenweise um; „Deindustrialisierung“ ist keine Parole oder Verschwörungstheorie mehrere, sondern eine Realität, die auch die Leitmedienpropaganda nicht mehr weglächeln kann. Deutsche Traditionsunternehmen und Industrieaushängeschilder wie BASF oder Volkswagen stecken in der Krise oder haben den Weggang aus Deutschland beschlossen.
Weiterführende Informationen:
Grüne Heuchler: Energiepfuscher fordern Industriestrompreis
Deutsche Wirtschaft schmiert endgültig ab – Unternehmen flüchten
Energiewende: vorsätzliche De-Industrialisierung Deutschlands?

Das Auslaufmodell des Exportchampions
Die vermeintlich guten Wirtschaftsjahre der Merkel-Ära kreisten um das Phänomen des Exportchampions. Die deutsche Wirtschaft lieferte in alle Welt bewährte Produkte zu einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Dieses Modell basierte auf diversen Faktoren:
- günstiger Euro (für deutsche Verhältnisse unterbewertet)
- der größte Niedriglohnsektor Europas
- günstige russische Rohstoffe
- ein Ingenieur-Wissenskapital, das Deutschland in besseren Zeiten aufgebaut hatte
- attraktive Rahmenbedingungen: Bildung, Infrastruktur, Rechtssicherheit
Diese Faktoren sind größtenteils nicht mehr gegeben: Das Bildungsniveau stürzt ab, wegen des Massenimports bildungsferner Horden und Gender-Studien statt Ingenieurwesen; die Infrastruktur ist veraltet; die russischen Rohstoffe sind weg; der grüne Mainstream überreguliert alles und verbietet deutsche Schlüsselindustrien (Verbrenner). Und daran hat die Ampelpolitik einen gehörigen Entscheidungsanteil.
Was nun durchschlägt, ist die Innovationsschwäche der deutschen Unternehmen. Die Produkte sind bewährte Old Economy, aber nicht innovativ und ohne günstige russische Energie viel zu teuer. Das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen passt für die Kunden nicht mehr.
Deutschland ist innovationsfeindlich
Es gibt also ein Innovationsproblem in Deutschland. Als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sollte Deutschland eigentlich ganz vorn dabei sein. Sind wir aber nicht. Die Statistik zu den Patentanmeldungen macht schier depressiv:

Sieht man sich außerdem weitere Statistiken zu Nobelpreisen, Supercomputer-Ressourcen und Wagniskapital an (also Geldgebermärkte für risikoreiche Neuentwicklungen), steht Deutschland am unteren Ende der Tabelle. „Früher war das anders“, werden die meisten sagen. Einige denken an die Wunderwaffen, an die Nobelpreise der Kaiserzeit. Wir können es doch. Können wir es wirklich? Wagen wir einen kritischen Blick in die Vergangenheit.
Die Wirtschaft des deutschen Michel: Leider wenig innovativ
Deutschland war leider immer schon ein Nachzügler und kein Innovator. Sehen wir uns vier Megaentwicklungen der letzten 200 Jahren an:
- Nachzügler in der industriellen Revolution (Vorreiter Großbritannien)
- Nachzügler in der Automobilisierung (in den USA, Frankreich und Großbritannien fuhren in den 1920ern mehr Menschen ein Auto; Deutschland hielt an der Manufaktur fest; USA bereits Fließbandfertigung – und das, obwohl das Auto in Deutschland erfunden wurde: Carl Benz)
- Nachzügler in der Nukleartechnik (die Amerikaner waren schneller – und das, obwohl ein Deutscher das Prinzip entdeckte: Otto Hahn)
- Nachzügler in der Digitalisierung (die Amerikaner haben die Nase vorn – und das, obwohl ein Deutscher den ersten Computer baute und die erste höhere Programmiersprache entwickelte: Konrad Zuse)
Weiterführende Informationen:
Graichen-Clan, Visa-Affäre, Compact-Verbot – ein Unrechtsstaat?
Jubel bei Habeck: Rezession führt zu CO₂-Einsparung
VOLT: ein weiteres links-grünes Gewächs

Die Deutschen tendieren dazu, eine Entwicklung zu verschlafen, bis das Hinterherhinken schmerzt und der Schlaf unsanft endet. Dann holt das Land mit dem furor teutonicus auf, bis eine Spitzenposition erreicht ist – danach legen sich die Deutschen wieder schlafen und verfallen in eine skeptische Routine. Bis zum nächsten harten Gong.
Deutsche tüfteln, andere verdienen
Und wenn die Deutschen doch einmal Vorreiter sind, wie in der Militärtechnik im Zweiten Weltkrieg, dann wurde zwar viel entwickelt, aber nichts war kriegsentscheidend. Die Deutschen haben die Tendenz sich zu verzetteln und sind extrem schwach darin, eine Innovation zu kommerzialisieren, also ein marktfähiges (oder kriegsentscheidendes) Produkt aus einer Entdeckung zu machen. Tüfteln um des Tüftelns willen, nicht der Ergebnisse wegen.
Deutschland ist auch historisch schwach darin, Potenziale und Trends richtig einzuschätzen. Alleine die Missachtung des Atomwaffenpotentials ist aus heutiger Sicht haarsträubend. Verpennen, verzetteln, verkalkulieren. Leider sind die Misserfolge der Deutschen so historisch wie ihre Errungenschaften.
Deutscher Sonderweg bis heute
Und das passiert noch heute: Der Irrweg der Grünen ist so deutsch, wie er nur sein kann. Aus ideologischen Gründen wird auf Windräder und Co. gesetzt, während in den USA und anderswo kräftig an der kommerziellen Fusionsenergie geforscht wird. Und bis die da ist, werden klassische Atom- oder fossile Kraftwerke gebaut. Eine Technologie, die die Grünen aus ideologischen Gründen ausschließen. Aber sie wird kommen. Die erneuerbaren Energien mit ihren Windrädern und Kloakenkraftwerken sind dann nur noch Liebhaberstücke einiger Öko-Nostalgiker. Immer wieder haben die Deutschen in ihrer Geschichte auf die falschen Pferde gesetzt.
Lernen aus Fehlern
Der Leser mag jetzt schwanken zwischen Wut ob der verräterischen Selbstkritik oder Verzagen, weil die Deutschen in Mustern gefangen scheinen. Nicht so „Borderline“ bitte: Lernen wir aus unseren Schwächen und machen es besser. Die Deutschen müssen aufhören zu glauben, dass nur Fleiß und Tapferkeit alleine zum Erfolg führen. Unsere Schwächen liegen im Fehlen einer Strategie; immer nur gute Autos zu bauen ist keine Strategie, weil die Konkurrenz nicht schläft. Der Blitzkrieg war auch keine Strategie. Die Wunderwaffenentwicklung hatte kein Konzept. Die deutsche Außenpolitik hat keine Strategie, weil immer nur zu bezahlen keine Strategie ist, sondern eine kollektive Störung. So wie die Willkommenskultur.
Fleiß, Tapferkeit, das Setzen auf Bewährtes hat seinen Platz, aber immer wieder muss dieses in den Dienst einer übergeordneten Sichtweise gestellt werden. Diese kritische Selbstüberprüfung und das Über-den-Tellerrand-Hinausblicken fehlt den Deutschen – ein Manko, welches die Geschichte durch schwere Niederlagen ausglich: Wer nicht lernen will, muss fühlen. Es wird langsam Zeit für eine andere Vorgehensweise.
Sascha von Aichfriede:

1 https://www.wipo.int/en/ipfactsandfigures/patents [04.10.2024].