Ethnische Säuberung in Gaza – Palästinenser nach Deutschland?

Der aktuelle Gaza-Konflikt erzeugt furchtbare Bilder. Israel wird auf internationaler Ebene immer wieder wegen Kriegsverbrechen kritisiert. Aber in Deutschland gilt immer noch die Nibelungentreue zum Judenstaat. Es ist Zeit für eine kritische Bestandsaufnahme.

Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede

Als Deutscher weiß man es – überall wird einem die eigene Geschichte entgegengehalten. Kinder werden in KZ-Gedenkstätten geschleppt und müssen die Bilder von ausgemergelten Insassen sehen, toten Kindern und Frauen. Schlimm genug, dass auch die Gegenwart diese schrecklichen Bilder produziert. In Gaza. Und die Täter sind Israelis … Juden.

Ein verhungerndes Kind im Gaza-Streifen (Quelle: Tagesschau, 3.5.2025)1

Weiterführende Informationen:

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Jetzt könnte man sagen, dass uns das nichts angeht: Wir Deutschen haben in unserer Vergangenheit genügend eigene Fehler gemacht und gehen als Moralmaulhelden der ganzen Welt auf die Nerven2. Der Nahostkonflikt ist zudem verfahren und Gut und Böse sind nur schwer zu trennen. Aber es gibt gute Gründe, warum uns die Sache doch etwas angeht, ganz abgesehen von internationalen Standards und Abkommen zu Menschenrechten, denen sich auch Israel unterworfen hat:

  1. Israel und viele jüdische Lobbygruppen nehmen Deutschland und die ganze Welt in moralische Haft. Sie fordern mit Verweis auf den Holocaust Geld sowie materielle und politische Rückendeckung. Gerade Israel, das sich ständig als Opfer stilisiert, das politischen Besuch aus dem Ausland gerne durch seine Gedenkstätte Yad Vashem führt, sollte daher auf die Wahl der eigenen Mittel ganz besonders achten3. Es steht demjenigen, der permanent die Moralkeule schwingt, nicht zu, diese Bilder in Gaza zu erzeugen. Man kann Deutschland nicht ethnische Säuberungen vorwerfen und sie dann selbst vornehmen. Denn nichts anderes passiert in Gaza. Konsequenterweise müsste der Westen jegliche Unterstützungsleistungen für Israel sofort beenden.
  1. Der Nahostkonflikt hat genügend Sprengkraft, um auch Europa mit in einen bewaffneten Konflikt zu ziehen, sogar die ganze Welt. Denn die USA hängen an Israel, und wenn die USA sich militärisch aktivieren, dann machen das Russland und China auch. Zudem dürfte es dort, wo Muslime leben, zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen – also auch in Deutschland.
  1. Wem werden die Kosten und die Leute aus dem Gaza am Ende aufgebürdet? Die arabischen Nachbarn wollen sie nicht. Am Ende heißt es „schickt die Leute nach Europa“ – und besonders nach Deutschland natürlich. Das darf auf keinen Fall passieren. Vor einiger Zeit ging ein Flug von Gaza nach Deutschland … Israel feierte den Vorgang als Startschuss des Trump-Plans4. Wehret den Anfängen.

Ethnische Säuberung? Nein: Gentrifizierung!

Für Trump ist der Gaza-Streifen kein politisches Problem, sondern ein Immobilienprojekt. So würde er auch in den ethnischen Gettos in US-Großstädten vorgehen, wenn es darum ginge, ein Problemviertel zu einem angesagten Ort zu machen. So verkleidete es die Trump-/Israel-Lobby. Gentrifizierung. Natürlich können die Gaza-Palästinenser theoretisch zurückkehren, ruderte die Trump-Administration zurück5. Sofern sie es sich leisten können. Dort sollen edle Promenaden und teure Villen entstehen. Es würden sich vermögende Amerikaner jüdischen Glaubens niederlassen, von denen es sehr viel gibt – vielleicht auch muslimische Milliardäre? Sicherlich kehrt dort dann Friede ein.

Das beantwortet aber weiterhin nicht die Frage, wo die aktuell etwa zwei Millionen Gaza-Bewohner ihre neue Heimat finden. Und hoffentlich ihren Frieden. Die Trump-Methode, palästinensische Gebiete zu kaufen und sie am Ende Juden zu geben, ist im Nahen Osten eine wohlbekannte Methode. So begann alles, im 19. Jahrhundert, noch bevor der Staat Israel gegründet wurde. Die Jewish Colonisation Association kaufte Land in Palästina, um Glaubensbrüder anzusiedeln6. Daher klingt das alles für arabische Ohren erst recht traumatisch7. Man stelle sich vor, deutsche Rechtsradikale würden Geld sammeln für den Landkauf in Osteuropa, in den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Ein Aufschrei ginge durchs Land. Wenn es Israel macht, ist es aber okay.

Fragwürdige Hintergründe

Überhaupt sind die Vorgänge im Vorfeld des Gaza-Kriegs verdächtig. Wir berichteten darüber8. Als ob der Hamas-Angriff ins Konzept passte, im Gaza-Streifen so richtig aufzuräumen. Inklusive endgültiger Übernahme. In Israel regiert eine rechtsreligiöse Regierung mit fanatischen Einflüsterern im Hintergrund. Nicht wenige Nahostexperten diskutieren, dass die Hamas sogar mithilfe der Israelis gegründet wurde9 – als Gegenpartei zur PLO, ganz im Sinne des Teile und Herrsche.

Primitive deutsche Außenpolitik

Als faktisch unsouveräner Staat hat Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkriegs keine eigenständige, interessengeleitete Außenpolitik mehr. Die Axiome der deutschen Außenpolitik sind das Nachäffen der Amerikaner, das Aufgehen in EU und NATO, Wiedergutmachung und ein dauerhaftes Entschuldigungsscheckbuch, das gerne von Israel, aber auch anderen Ländern in Anspruch genommen wird.

Kritische Worte kommen Deutschland nur über die Lippen, wenn es mit „Partnern“ abgestimmt ist, heißt: Man kann sich hinter anderen verstecken. Die angebliche Staatsräson, Israel bedingungslos zu unterstützen, die wohl Frau Merkel einst ausrief, gibt es nicht … frühere Regierungen wie die Willy Brandts grenzten sich von Israel viel deutlicher ab. Innerhalb dieser Axiome ist die konkrete Politik starr, reflexbogenhaft. Innerhalb der Axiome wird jede Schandtat mitgemacht. Ein Irrsinn. „Bedingungslose“ Unterstützung eines Staates darf es nicht geben. Deutschland macht sich wegen seiner Nibelungentreue zu Israel als politischer Ansprechpartner auf dem internationalen Parkett unmöglich10. Es wird in der arabischen Welt nicht mehr ernst genommen. Das verhindert eine Lösung und schadet deutschen Interessen11. Das war einst anders.

Gaza und die Umvolkung

Unsere politisch diametral entgegengesetzten und doch so nahen Kollegen von der DKP schreiben:

Dabei besteht die deutsche Staatsräson heute aber nicht nur in der bedingungslosen Verteidigung der Existenz des Staates Israel, sondern parallel in der Absicherung eines erklärtermaßen jüdischen Staates, der gegenüber den Palästinensern eine rassistische Politik der Entrechtung und des Landraubs betreibt. Wer aber einen solchen Staat bedingungslos verteidigt, hält die Option offen, ähnliche Verhältnisse hier bei uns zu schaffen. Das öffnet die Türen zur Rechtfertigung für einen Staatsumbau, für eine ‚Zeitenwende‘ auch in der Staatsräson bei uns.“12

Wir deuten diese richtige Schlussfolgerung und nennen es beim Namen: „Umvolkung“ nennt sich das13. Und es passiert in Palästina, in Europa und vor allem in Deutschland. Die BRD duldet die Umvolkung, sofern sie von und gegen die richtigen Menschen passiert.

Kritik an Israel ist kein Antisemitismus

Kritische Berichte zum Vorgehen Israels sind in einer Situation medialer Selbstzensur notwendig14. Wir machen uns die Standpunkte der Araber und speziell der Hamas nicht zu eigen, aber wir zeigten oben gute Gründe auf, warum wir die Vorgänge in Gaza und anderswo in Palästina verurteilen. Aus eigenem, deutschem Interesse. Wir wollen uns weder von Israel moralisch erpressen lassen noch für Gaza-Flüchtlinge bezahlen oder sie bei uns aufnehmen müssen. Und wir wollen die Doppelmoral und Schizophrenie der BRD entlarven, die gerne moralisch argumentiert, aber im richtigen Kontext Menschenrechtsverletzungen schulterzuckend akzeptiert. Wir erkennen auch an, dass es Juden und/oder Israelis gibt, die die (wahrscheinlichen) Kriegsverbrechen und die Landnahmeprojekte der aktuellen israelischen Regierung ablehnen15 – aber: Diese kritischen Stimmen sind (noch) nicht zwingend. Scheinbar nimmt die Mehrheit der Israelis diese Politik hin. Erst die kommenden Wahlen werden zeigen, ob die rechtsextreme Netanjahu-Koalition wieder die Wahlen gewinnt16 oder wegen ihrer eskalierenden Politik abgewählt wird.

1 https://www.tagesschau.de/ausland/asien/gaza-hilfslieferungen-humanitaere-lage-100.html [11.05.2025].

2 https://www.focus.de/politik/meinung/null-vorbereitet-moral-supermacht-deutschland-steht-nach-trump-sieg-mit-heruntergelassener-hose-da_id_260456409.html

3 https://www.timesofisrael.com/why-does-israel-oblige-official-guests-to-visit-yad-vashem/ [11.05.2025].

4 https://www.middleeastmonitor.com/20250403-germany-denies-israels-claims-it-received-hundreds-of-palestinians-from-gaza/ [11.05.2025].

5 https://www.welt.de/politik/ausland/article255504810/Trump-rudert-bei-Gaza-Plan-zurueck-und-empfiehlt-Umsiedlung.html [11.05.2025].

6 https://www.britannica.com/biography/Maurice-baron-de-Hirsch#ref3333 [11.05.2025].

7 https://www.rosalux.org.il/artikel/ungleichheit-israel/ [11.05.2025].

8 https://deutsche-stimme.de/hat-das-jemand-gesehen-comedian-kaya-yanar-kritisiert-israel/ [11.05.2025].

9 https://www.reuters.com/world/europe/eus-borrell-says-israel-financed-creation-gaza-rulers-hamas-2024-01-19/ [11.05.2025].

10 https://www.spiegel.de/ausland/mohammed-elbaradei-kritisiert-deutschland-fuer-israel-gaza-politik-a-5f3dcfca-8e58-4ef0-8e67-3cfd015c37ae [11.05.2025].

11 https://foreignpolicy.com/2024/05/24/germany-israel-gaza-palestine-war-middle-east-politics-soft-power-speech/ [11.05.2025].

12 https://www.unsere-zeit.de/die-deutsche-staatsraeson-und-der-zionismus-4791747/ [11.05.2025].

13 https://deutsche-stimme.de/umvolkung-7-indizien-warum-sie-gewollt-ist/ [11.05.2025].

14 https://taz.de/Umfrage-ueber-Berichterstattung-zu-Gaza/!6079413/ [11.05.2025].

15 https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-demo-krieg-100.html [11.05.2025].

16 https://www.juedische-allgemeine.de/israel/bringt-bennett-die-wende-bei-wahlen/ [11.05.2025].

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