Bundesverfassungsgericht: Der Rundfunkbeitrag steigt, der Rückhalt in der Bevölkerung sinkt

Was mussten sich die Rechten nicht alles anhören, als sie das Schlagwort Lügenpresse entwickelten. Alles nur Verschwörungstheorie hieß es stets. Die Hybris des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat aber dafür gesorgt, dass auch Mainstream-Medien mittlerweile in die Kritik einstimmen. Deshalb wird sich die kürzliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die Rundfunkbeitragserhöhung noch als Pyrrhussieg für ARD, ZDF & Co. erweisen. Denn mit deren Arroganz wird auch der Widerstand in der Bevölkerung steigen.

Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede

Das Bundesverfassungsgericht entschied am 20.07.2021, dass der Rundfunkbeitrag auf 18,36 Euro erhöht werden darf1. Die Regierung Sachsen-Anhalts verweigerte ihre Zustimmung zum entsprechenden Gesetz, weil sie der Meinung war (ist), dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) die Menschen in den neuen Bundesländern zu negativ darstellen und oft belehrend auftreten würde2. Auch wenn diese Begründung nachvollziehbar ist, war sie für das Gericht zu schwach und deshalb war dieses Urteil zu erwarten.

Die Erhöhung des Rundfunkbeitrags folgt den Empfehlungen einer unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), die aus sechzehn Sachverständigen besteht, wobei je ein Bundesland ein Mitglied bestimmen kann. In ihrem 22. Bericht3 vom Februar 2020 empfahl die KEF die vom Bundesverfassungsgericht nun anerkannte Erhöhung um 86 Cent. Die KEF schreibt über ihren Auftrag:

„Rechtliche Grundlage für die Arbeit der Kommission ist der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag der Länder. Die Regelungen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt. Der Beitragsvorschlag der Kommission ist Grundlage für die Entscheidung der Landesregierungen und Landesparlamente. Von dem Vorschlag dürfen sie im Wesentlichen nur abweichen, wenn die Beitragshöhe den freien Zugang zu Informationen zu erschweren droht oder die Belastung der Rundfunkteilnehmer nicht mehr angemessen erscheint. Hierfür müssen nachprüfbare Gründe angegeben werden.“4

Genau darum ging es in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nämlich dass die Landesregierungen und -parlamente eigentlich nur die Vorschläge der KEF abzunicken haben, sofern nicht schwerwiegende Gründe dagegensprechen. Für den sachsen-anhaltinischen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) stellt dies ein „Demokratieproblem“ dar5. Das heutige Verfahren zur Festlegung des Finanzierungsbedarfs des ÖRR wurde jedoch entscheidend vom Bundesverfassungsgericht mitbeeinflusst und wird von diesem entsprechend verteidigt.

Weiterführende Informationen:

Rundfunkbeitrag: Automatische Erhöhung geplant?

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„Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen“ (§ 11 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag).

Formal war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts also nachvollziehbar. Dass es aber in seiner Entscheidung den BRD-ÖRR auch noch als Hort gegen Fake-News adelt, geht zu weit. Hier muss sich das Gericht den Vorwurf gefallen lassen, dass das Establishment sich gegenseitig stützt, nämlich die Politik und die politische Justiz eine flankierende, regierungsfreundliche Presse6. Denn der Vorwurf der tendenziösen Berichterstattung, bekannt unter dem Kampfbegriff Lügenpresse, ist keine rechte Verschwörungstheorie mehr. Die Kritik ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung aus dem Jahr 2017 kommt zu dem Schluss, dass der deutsche ÖRR in der Flüchtlingskrise die Willkommensrhetorik und auch die Lösungen der politischen Elite unkritisch übernahm7. Eine Studie des Reuters Institute for the Study of Journalism der Universität Oxford von 2019 ergab, dass der deutsche ÖRR vor allem ein Publikum links der Mitte anspricht und von diesem als vertrauenswürdig erachtet wird, während Zuschauer rechts der Mitte dem ÖRR weniger trauen8.

Ein Beitrag von Maurer et al. aus dem Jahr 20219, der die mediale Begleitung der Flüchtlingskrise in Deutschland und Großbritannien vergleicht, kommt zu dem Schluss, dass in Deutschland die Leitmedien (also auch der ÖRR) die Willkommenskultur und damit die Meinung der politischen Eliten übernahmen, während in Großbritannien die Leitmedien ihren journalistischen Grundsätzen einer kritischen und möglichst objektiven Berichterstattung treu blieben. Diese Studie zeigt aber auch einen essenziellen kulturellen Unterschied zwischen den beiden Ländern:

Weiterführende Informationen:

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Rundfunkbeitrag: Gier ungebrochen!

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Im Gegensatz zum britischen Common Sense, wird der öffentliche Raum in Deutschland vom Konsens zusammengehalten. Während der Common Sense den gesunden Menschenverstand würdigt, benötigt der deutsche Konsens diesen nicht. Sein Gegenstand kann der komplette Wahnsinn sein, solange nur eine Mehrheit diesen verfolgt. Der Konsens war in Deutschland die Willkommenskultur, inklusive der Stigmatisierung und auch Kriminalisierung abweichender Meinungen. Dieser Konsens hat sich dann entsprechend in den Leitmedien abgebildet, während in Großbritannien auch in der Öffentlichkeit die logische Frage diskutiert wurde, welchen Nutzen denn die Öffnung des Landes für hunderttausende oder Millionen Migranten haben könnte. Diese Debatte führte auf der Insel richtigerweise zur Erkenntnis: keinen.

Ob der ÖRR mehr Lügen- oder mehr Lückenpresse ist, wie teuer unser ÖRR im internationalen Vergleich ist und warum die KEF gegen die Wucherungen im ÖRR wenig ausrichten kann, wird in den nächsten Ausgaben des Deutsche-Stimme-Magazins weiterdiskutiert.

ARD auf der Leipziger Buchmesse

1  https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-069.html (Aufruf: 12.08.2021).

2  https://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/meine-cdu-ist-nicht-braun-1089661 (Aufruf: 12.08.2021).

3  https://kef-online.de/fileadmin/KEF/Dateien/Berichte/22._Bericht.pdf (Aufruf: 12.08.2021).

4  https://kef-online.de/de/kommission/aufgaben/ (Aufruf: 12.08.2021).

5  https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/rundfunkbeitrag-urteil-haseloff-stellt-demokratie-problem-fest-17471618.html#void (Aufruf: 12.08.2021).

6  https://deutsche-stimme.de/bundesverfassungsgericht-zwischen-gefallsucht-und-schwanzeinziehen/ (Aufruf: 12.08.2021).

7  https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/studien-2017/die-fluechtlingskrise-in-den-medien/ (Aufruf: 12.08.2021).

8  https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/risj-review/public-service-media-are-struggling-reach-younger-less-educated-audiences-and-risk (Aufruf: 12.08.2021).

9  Maurer, M., Haßler, J., Kruschinski, S., & Jost, P. (2021). Looking over the channel. The balance of media coverage about the “refugee crisis” in Germany and the UK. Communications: The European Journal of Communication Research.

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