Das Jugendformat STRG_F hat wieder ein heißes Eisen angefasst: V-Leute. Der V-Mann Jan P. hatte etwa zehn Jahre für den Verfassungsschutz NRW gearbeitet und dabei Freunde verraten. Aber noch mehr kommt heraus: Er hat nicht nur berichtet, sondern auch angestiftet. Sein Fazit: „Ich habe den Verfassungsschutz geschützt, und nicht die Verfassung.“
Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede
STRG_F ist ein Rechercheformat des Norddeutschen Rundfunks, genauer der Panorama-Familie. Die investigativen Reportagen erscheinen unter anderem auf YouTube und sprechen ein jüngeres Publikum an (Zielgruppe zwischen 20 und 29 Jahren). Wir haben uns mit STRG_F bereits befasst und dabei Recherchefehler und eine tendenziöse Darstellungsweise kritisiert – das betraf den Beitrag zum Thema Umvolkung1. Es besteht kein Zweifel daran, dass diese stattfindet und statistisch messbar ist, darüber hinaus auch politisch verteidigt wird2. Als Teil der Öffentlich-Rechtlichen muss STRG_F jedoch die Regierungsmeinung darstellen.
Dennoch bietet STRG_F viele interessante, sehenswerte Beiträge. Darunter befinden sich auch die kürzlich veröffentlichten Enthüllungen eines V-Manns, der für den Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen arbeitete. Zehn Jahre tat er das und verdiente dabei etwa 400.000 DM. Kurios ist die Geschichte, wie er V-Mann wurde.
Alles fing damit an, dass Jan P. sich über ein falsch geparktes Polizeiauto beschwerte. Diese war Ende der 1980er in seiner Wuppertaler Nachbarschaft permanent präsent, um eine autonom besetzte Fabrik zu beobachten. Das machte das Parken in seiner Straße schwierig. Jan P. verlangte von der Polizei, den Räumungsbeschluss endlich zu vollziehen, damit sich die Verkehrssituation normalisieren konnte. Aber die hatte Angst vor den vermeintlich bewaffneten Autonomen. Jan P. bot an, für die Polizei die Lage in der besetzten Fabrik auszuloten, um deren Einsatz vorzubereiten. Der Rest ist Geschichte – Jan P. wurde zu einem der besten V-Männer des Verfassungsschutzes NRW.
Weiterführende Informationen:
Rechtsterrorismus und Verfassungsschutz: Zwei Seiten einer Medaille?
Anschlag in Düsseldorf: „Verfassungsschutz“ hatte seine Hände im Spiel!
Der Verfassungsschutzbericht – ein Instrument etablierter Politik?

Vom Informanten zum Anstifter
Interessant wird es, als der ehemalige V-Mann von der Dynamik berichtet, die seine Tätigkeit gewann. Sie ging nämlich über das Informieren hinaus – ab einem gewissen Punkt wurde Jan P. zu einem Anstifter, zu einem „Provokateur“. Konkret wird das an einem Brandanschlag auf ein Abschiebefahrzeug, an dem Jan P. federführend beteiligt war.
Die Geschichte ist echt
Man kann davon ausgehen, dass Jan P. und seine Geschichte glaubwürdig sind. STRG_F kontaktiert den Verfassungsschutz, sichtet schriftliche Beweise und spricht mit Personen aus dem Umfeld des ehemaligen V-Manns. Jan P. klagte auch gegen den Verfassungsschutz wegen Stresserkrankungen im Zusammenhang mit seiner V-Mann-Tätigkeit und erhält eine Abfindung.
V-Männer in der rechten Szene: Der Brandanschlag in Solingen
Der STRG_F-Beitrag nimmt sich auch den migrantenfeindlichen Brandanschlag in Solingen von 1993 vor. Im Mittelpunkt der Ereignisse stand ein anderer V-Mann des Verfassungsschutzes NRW, Bernd Schmitt, dem Anführer der Täter aus der rechten Szene. Jan P. spricht über diesen Anschlag mit seinem V-Mann-Führer und anderen Personen im Verfassungsschutz. Geheuer ist ihm die Sache nicht. Ihn plagen erste Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Behörde.
Unsere Empfehlung:

V-Männer und das NPD-Verbotsverfahren
Die dubiose Rolle des Verfassungsschutzes wurde übrigens auch zum Verbotshindernis der NPD. 2003 scheiterte das erste Verbotsverfahren an der Durchsetzung der Partei mit V-Leuten. Für die Richter war es nicht mehr möglich zu unterscheiden, was echte NPD und was staatlich gelenkte Provokation war.
Verfassungsschutz und AfD
Als die AfD ab 2017 zunehmend stark wurde und 2018 auf Bundesebene in den Umfragen bei bis zu 18 % stand, musste etwas passieren. Hans-Georg Maaßen, damaliger Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, weigerte sich aber, die Behörde als Diskreditierungsagentur für das kosmopolitische Establishment missbrauchen zu lassen. Es folgte Merkels Kettenhund Thomas Haldenwang, der sofort den Kampf gegen den Rechtsextremismus ausrief, insbesondere die Beobachtung der Alternative für Deutschland (AfD). Mit gezielten Durchstechereien an die Presse und Ausrufen von Verdachtsfällen soll die Partei für die Mehrheit unwählbar gemacht werden. Und auch so manche Parteiaustritte oder gezielte Störmanöver in der Partei dürften auf das Konto der Behörde gehen.
Verfassungsschutz: FDGO … deine Mudda!
Die Aussagen des Jan P., das NPD-Verbotsverfahren, der V-Mann-Skandal rund um den Brandanschlag in Solingen, die Posse um Hans-Georg Maaßen und das Agieren seines Nachfolgers Thomas Haldenwang enthüllt, wofür die Schlapphüte wirklich da sind: Der Verfassungsschutz hat ein Eigenleben entwickelt, ist ein zunehmend selbstreferentielles System geworden, das sich seine eigenen Feinde erschafft und sich den Regierenden gerne auch als Oppositionsjäger andient. Die FDGO, die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung, verkommt darin zu einer Farce in einem System, das zunehmend Andersdenkende ausgrenzt und sanktioniert: Netz-DG und andere Zensurgesetze überall in der westlichen Welt, erste Sozialkreditexperimente nach rotchinesischem Vorbild in Italien, Leitmedienkartelle, V-Leute – wir erleben derzeit die Geburt einer smarten Diktatur.
Bedrückende Bilanz
Genau zu diesem Fazit kommt auch Jan P. Am Ende des STRG_F-Beitrags stellt er fest: „Aus heutiger Sicht habe ich den Verfassungsschutz geschützt, und nicht die Verfassung.“ Mehr ist zu dieser Behörde nicht mehr zu sagen.
Weiterführende Informationen:
Polizei: Spezialeinheit zur Netz-Überwachung geht an den Start
Der Verfassungsschutz – ein toxisches Gebilde?
Verfassungsschutz: Gesinnungs-TÜVs im Sicherheitsgewerbe?

1 https://deutsche-stimme.de/strg_f-zu-umvolkung-zwischen-linker-rhetorik-und-recherchefehlern/ (Aufruf: 21.04.2022).
2 https://deutsche-stimme.de/umvolkung-ist-staatsziel/ (Aufruf: 21.04.2022).