Puma-Desaster: Ein systemisches Versagen

Der Schützenpanzer „Puma“ funktioniert nicht. Bedeutet dies, dass Deutschland keine Panzer mehr bauen kann? Eher nicht. Sie ist nur – und vor allem unter der Merkel-Regentschaft – zum „hässlichen Kind“ geworden. Der Puma ist ein Schaufenster in ein systemisches Versagen.

Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede

Der Schützenpanzer „Puma“ soll den Vorgänger „Marder“ ablösen. Nun kursieren Nachrichten vom Vollversagen des Produkts bei einer Übung für die Beteiligung an der NATO-Eingreiftruppe VJTF. Von 18 Gefechtsfahrzeugen seien am Ende 18 ausgefallen1. Gebaut wird der Puma von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Die Bundeswehr preist den Panzer auf ihrem YouTube-Kanal als „modernsten Schützenpanzer der Welt“ an2. Andere sprechen von einer „Eier legenden Wollmilchsau“, also einem technisch überforderten Entwurf, der zu viel können soll, aber in der Praxis nichts davon richtig.

In der Werbung ist die Welt noch in Ordnung.

Probleme nicht neu

Die Probleme mit dem Gerät sind nicht neu. Schon 2015 erwog das Verteidigungsministerium eine Klage gegen die Hersteller wegen immenser Kostenüberschreitungen3. Regelmäßig erschienen Negativberichte über Software- und Elektronikmängel4, Lecks5, Bremsendefekte6 oder Platzprobleme: Im Puma finden nur Menschen mit 1,84 Meter Körpergröße Platz – im Vorgänger Marder reichte es noch für 1,96 Meter7. Vielleicht haben die Ingenieure die Umvolkung mit Südländern bereits eingepreist, die durchschnittlich kleiner sind? Man weiß es nicht genau.

Anforderungsmanagement der Bundeswehr ist Katastrophe

Den Vogel schoss das deutsche Rüstungswesen aber ab, als es darum ging, dass der Puma Vorkehrungen treffen müsse, dass Schwangere in ihm arbeiten können, ohne dass Schussgas das Fruchtwasser schädigt. Diese Anforderung würde sich aus der Arbeitsstättenverordnung ableiten.

Die Hersteller des Pumas (hier KMW) beschwerten sich über diese unsinnige Anforderung. Entsprechende Nachrichten gingen durch die deutsche Presselandschaft – und darüber hinaus. Das Ausland machte sich über die deutsche Bürokratie lustig. Eine Stellungnahme des Bundeswehrbeschaffungswesens (BAAINBw, früher BWB) machte klar, dass diese Anforderung für Schwangere ein Irrtum sei, denn ein Panzer wäre keine Arbeitsstätte, würde also nicht der Arbeitsstättenverordnung unterliegen.

Weiterführende Informationen:

Nein zum Traditionsabbruch bei der Bundeswehr!

Neueste Forderung von AKK

Bundeswehr: von der Leyen dreht völlig frei!

Tatsache dürfte sein, dass die Bundeswehrbeschaffer einfach eine Standardliste von mitgeltenden Gesetzen an jede Ausschreibung hängen und im Einzelfall nicht kennzeichnen, welche denn nun wirklich im Einzelfall anzuwenden waren. Ein klares Zeichen von Bequemlichkeit8. Dass einige Probleme hausgemacht sind, zeigt das Beispiel des Kampfhubschraubers „Tiger“: Während er in Frankreich funktionierte, streikte das Waffensystem in Deutschland regelmäßig. Ursache auch hier: deutsche Sonderlocken und das träge Beschaffungswesen9.

Den ultimativen Beweis erbrachte aber die Posse um das Gewehr G36 von Heckler & Koch: Skandalministerin von der Leyen trat eine Klage gegen den Hersteller los, die sie am Ende verlor. Das umstrittene Gewehr entspricht den von der Bundeswehr gestellten Anforderungen. Ergo: Nicht das Gewehr ist falsch, sondern die Anforderungen der Bundeswehr10.

Lösung: Beschaffung fertiger Produkte im Ausland

Das Beschaffungswesen zeigt sich unfähig, seine Anforderungen so zu formulieren, wie sie den Bedürfnissen der Truppe entsprechen und am Ende auch umsetzbar sind. Das Beschaffungswesen der Bundeswehr ist nicht ergebnisorientiert, sondern verfahrensorientiert. Hauptaugenmerk liegt darauf, eine Beschaffung juristisch korrekt abzuwickeln, während Inhalte scheinbar nicht so wichtig sind.

Macht sie es einmal anders, dann geht es auch schief: Siehe die Beschaffung des G36-Nachfolgers von C.G. Haenel, welche dann wiederum von Heckler & Koch rechtlich angefochten wurde – mit Erfolg11. Auf die Unfähigkeit des deutschen Beschaffungswesens, Eigenentwicklungen erfolgreich anzustoßen, reagiert die Politik mit einer Lösung, die die deutsche Rüstungswirtschaft vernichten wird. Denn in Zukunft soll Deutschland Waffentechnik vermehrt aus dem Ausland beschaffen, vorwiegend aus Amerika. Auf der Wunschliste ganz oben stehen amerikanische Kampf- und Transporthubschrauber sowie israelische Flugabwehrsysteme.

Die deutschen Rüstungsunternehmen – oder wie im Falle Airbus die deutschen „Filialen“ eines französisch kontrollierten Unternehmens – verkommen dadurch zu Wartungsbuden, die die ausländischen Systeme nur noch pflegen und reparieren dürfen. Wenn überhaupt.

Hirnlose Symbiose

An ihrem Schicksal ist die deutsche Rüstungsindustrie allerdings nicht ganz unschuldig. Natürlich ist das deutsche Wehrtechnik-Beschaffungswesen dysfunktional. Aber als kompetenter „Haus- und Hoflieferant“ in einer quasimonopolistischen Situation mit teils voller Kostenerstattung und Industrieprotektion, von der Unternehmen der „freien Wirtschaft“ nur träumen können, dürfen die Behörden mehr Mitdenken erwarten.

Bestimmte Ausschreibungen oder Regelungen, die die Bundeswehr ausgibt, mögen hirnlos sein, aber dann ist die Industrie gefordert, beratend und notfalls fordernd bis klagend tätig zu werden. Unsinniges darf man nicht einfach ebenso hirnlos umsetzen. Nur so kann man seinen Monopolstatus verteidigen. Aber genau das ist passiert: Es hat sich eine inkompetente bis hirnlose Symbiose zwischen Staat und Industrie gebildet.

Änderungsmanagement als Gelddruckmaschine

Zu einer gewissen Inkompetenz gesellt sich eine Verhaltensweise, die typisch für die gesamte Wehrtechnikbranche ist – in allen Ländern der Welt: Mit Änderungen verdient man Geld. Ist die Entscheidung für ein Konzept oder ein Produkt gefallen, kommt die Armee kaum mehr aus der Nummer heraus. Auf Jahre bis Jahrzehnte bindet sich eine Bundeswehr oder eine US Air Force an einen Lösungsansatz und einen bestimmten Hersteller, der dadurch sehr schnell sehr mächtig wird. Er beeinflusst die Ministerien und Beschaffungsbehörden und hat nicht nur ein Interesse an einer hohen Beschaffungsstückzahl, sondern auch an Änderungen. Die bringen Geld, weil eine Ausschreibung und Wettbewerb dann überhaupt nicht mehr stattfinden.

Solche Änderungen beziehen sich meistens auf zusätzliche Fähigkeiten, wie den nachträglichen Einbau eines Sensors oder einer neuen Waffe. Das ist grundsätzlich legitim, wird aber gerne genutzt, um Kasse zu machen und möglichst lange im Geschäft zu bleiben. Das Resultat sind längere Lieferzeiten und Kostenüberschreitungen, wie sie aus fast allen Wehrtechnikprojekten bekannt sind. Beim Puma ist es nicht anders.

Interessenkonflikte im Herstellerkonsortium

Beim Puma kommt noch hinzu, dass ein Konsortium aus Rheinmetall und KMW zuständig ist. Das ist insofern delikat, als diese Firmen zueinander in Konkurrenz stehen. Rheinmetall brachte kürzlich ein Konkurrenzprodukt zum Puma auf den Markt, den Schützenpanzer „Lynx“. Dieser wird zwar nicht an die Bundeswehr verkauft, aber an das Ausland. Der Puma konnte dagegen noch keinen Exportauftrag erzielen. Es wird gemunkelt, dass Rheinmetall Lehren aus den Puma-Pannen zog und diese in den Lynx einbrachte. Die deutsche Rüstungswirtschaft kann es also, wenn sie will. Zudem bastelt Rheinmetall gerade an einem eigenen Kampfpanzerprojekt, dem „Panther“. Auch damit machen die Düsseldorfer dem Puma-Partner KMW Konkurrenz, der eigentlich den nächsten deutschen Kampfpanzer entwickeln soll. Eine schwierige Konstellation für eine nachhaltige Lösung des Puma-Problems.

Die CDU als Abwirtschafter der Bundeswehr

Der Generalsekretär der pseudokonservativen CDU, Mario Czaja, forderte nun Bundeskanzler Olaf Scholz auf, dieses Problem zu lösen. Lustig, denn die CDU (und ihre Schwester CSU) waren selbst im Verteidigungsministerium nie sehr erfolgreich: Man erinnere sich an die desaströse Bilanz der Minister Jung, Guttenberg, de Maizière, von der Leyen oder Kramp-Karrenbauer. Die Bundeswehr hatte unter unionsgeführten Regierungen am meisten zu leiden.

Bereits zu Helmut Kohls Zeiten fuhren Unionspolitiker Rüstungsausgaben herunter, erst recht nach Ende des Kalten Krieges. Anders die SPD: Helmut Schmidt gab als Verteidigungsminister (1969–1972) und später als Bundeskanzler (1974–1982) der Bundeswehr neue Impulse und neues Material. Seine Arbeit auf der Hardthöhe begann 1969 mit einer systematischen „kritischen Bestandsaufnahme“12, die hausintern ganz ohne teure externe Beraterunternehmen oder Kommissionen viele nützliche Anregungen hervorbrachte. Damals durften Soldaten unter Umgehung der Befehlskette direkt an den Bundesminister ihre Vorschläge richten. Schmidt beschaffte einen Nachfolger für den Skandalflieger „Starfighter“, den ein Unionsmann namens Franz-Josef Strauß verbockt hatte. Er baute die Bürokratie ab und gründete die Universitäten der Bundeswehr, um sie als Arbeitgeber attraktiver zu machen.

Die letzte Großinvestition für die Bundeswehr war der Transportflieger A400M, und diese segnete auch ein SPD-Mann ab, nämlich Gerhard Schröder. Unter Angela Merkel hatte die Bundeswehr dann endgültig „fertig“ – mit der Schmuddelindustrie Wehrtechnik wollte sie nichts zu tun haben. Ihr „Dr. No“, Karl-Theodor zu Guttenberg, schaffte nicht nur die Wehrpflicht ab, sondern seine Bundeswehrreform genannt „Neuausrichtung“ baute Ersatzteil-Lagerbestände ab, was für die aktuell geringe Einsatzbereitschaft des Militärgeräts hauptursächlich ist.

Aber besseres Ministerpersonal kam nicht nach: Im kollektiven Gedächtnis bleibt Skandalministerin von der Leyen, die vor allem etwas für Unternehmensberatungen tat, weniger aber für die Soldaten. Bilder von Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform ließ sie abhängen, wahrscheinlich weil sie den Anblick von Kompetenz nicht ertragen konnte. Hauptsache aber, sie tat etwas für „Diversity“ – der amtierenden Präsidentin der Europäischen Kommission verdanken wir Personalien wie Katrin Suder oder einen transsexuellen Stabsoffizier namens Biefang, der für sein sehr offensives Tinder-Profil vom Arbeitgeber getadelt werden musste.

Union und SPD: Die rechte und die linke Hand des Teufels

Komischerweise ist es jetzt erneut eine rote Regierung, die der Bundeswehr wieder Geld zur Verfügung stellt, um ihre Einsatzbereitschaft wiederherzustellen: Ein 100-Milliarden-Sondervermögen, abgesegnet von der SPD-geführten Ampelregierung. Zumindest auf dem Papier. Die mehr als sechzehn Jahre CDU-Misswirtschaft im Verteidigungsministerium zu korrigieren, ist keine dankbare Aufgabe, vor allem da sie eine Schuldenaufnahme bedeuten. Hier zeigt sich eine interessante Dynamik, die auch schon früher die Wechselbeziehung zwischen Union und SPD kennzeichnete: Die CDU spart das System kaputt und geriert sich als kluger Wirtschafter, die SPD muss es dann wieder korrigieren und Schulden machen. Wir reden von den zwei Flügeln desselben Pleitegeiers oder: der rechten und der linken Hand des Teufels.

Fazit

Das Puma-Problem zeigt: Der Fisch stinkt vom politischen Kopf her. Und anstatt abwechselnd die rechte oder linke Hand des Teufels zu schütteln, sollte der Wähler eine Partei wählen, die soldatische Traditionen wertschätzt und die Sicherheit und den Bestand des Landes authentisch verkörpert. Solche Parteien findet man jedoch nur rechts der Union.

Weiterführende Informationen:

DS-Magazin im Januar: »Wann kommt der Volksaufstand?«

Wieder eine fachfremde Frau als Verteidigungsministerin

AKK: Geh mit Gott, aber geh!

Titel der Januar-Ausgabe der DEUTSCHEN STIMME 2023

1  https://www.rnd.de/politik/bundeswehr-totalausfall-puma-18-von-18-bei-schiessuebung-ausgefallen-KP5VJRHTE3IKUOGYLNV4M74GB4.html (Aufruf: 22.12.2022).

2  https://youtu.be/YSCaAJTSeQ0 (Aufruf: 22.12.2022).

3  https://www.focus.de/finanzen/news/gegen-waffenfirma-kraus-maffei-wegmann-zu-teuer-und-zu-teuer-bundeswehr-prueft-klage-wegen-puma-panzer_id_4567968.html (Aufruf: 22.12.2022).

4  https://www.focus.de/politik/deutschland/prestige-panzer-macht-probleme-gravierende-maengel-beim-schuetzenpanzer-puma-festgestellt_id_3307948.html (Aufruf: 22.12.2022).

5  https://www.n-tv.de/politik/Der-Puma-hat-ein-Leck-article18456756.html (Aufruf: 22.12.2022).

6  https://www.stern.de/auto/news/schuetzenpanzer-puma-kann-nicht-bremsen-6286604.html (Aufruf: 22.12.2022).

7  https://www.welt.de/wirtschaft/article180519422/Schuetzenpanzer-Puma-Soldaten-duerfen-nicht-groesser-als-1-84-Meter-sein.html (Aufruf: 22.12.2022).

8  https://www.welt.de/wirtschaft/article147528582/Sind-deutsche-Panzer-Vorschriften-wirklich-so-absurd.html (Aufruf: 22.12.2022).

9  https://www.welt.de/wirtschaft/article7951676/Verteidigungsministerium-greift-EADS-scharf-an.html (Aufruf: 22.12.2022).

10  https://www.deutschlandfunk.de/rechtsstreit-um-g36-sturmgewehr-daempfer-fuer-von-der-leyen-100.html (Aufruf: 22.12.2022).

11  https://soldat-und-technik.de/2020/11/bewaffnung/24708/g36-nachfolge-c-g-haenel-gibt-statement-zum-vergabeverfahren-ab/ (Aufruf: 22.12.2022).

12  https://www.spiegel.de/politik/irrsinnig-geheim-a-0b89d30e-0002-0001-0000-000045439894 (Aufruf: 22.12.2022).

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