Bisher war die katholische Kirche ein entschiedener Gegner der Abtreibung. So äußerten sich Vertreter der Kirche und auch der Laien. Die kürzliche Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen schien jedoch die ZdK-Präsidentin Frau Dr. Irme Stetter-Karp zu inspirieren: Sie forderte eine flächendeckende Verfügbarkeit von Abtreibungsressourcen. Es hagelte Kritik von konservativer Seite. Dabei ist das ZdK eine Organisation, die die Kirche selbst unterhält. Hat sie sich selbst eine interne Opposition geschaffen?
Gastbeitrag von Sascha von Aichfriede
Das ZdK, Zentralkomitee der deutschen Katholiken, ist eine Organisation der Laienkatholiken, also für engagierte Katholiken, die nicht dem Klerus angehören wie Priester, Bischöfe etc. Vereinfacht gesprochen. Die Organisation dient der Verzahnung zwischen Kirchenorganisation und den Gläubigen und soll gesellschaftliche Entwicklungen beobachten und in die Kirche hineintragen.
ZdK als Reformatoren: Die Pro-Gay-Agenda
Dieses Selbstverständnis nehmen die ZdK-Leute sehr ernst. Sie beobachten die geänderte Sexualmoral der Gesellschaft und wollen diese zum neuen Selbstverständnis der katholischen Kirche machen, so wie es die evangelische vorlebt. So heißt es in einer Pressemitteilung des ZdK:
„Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßt, dass die EU-Kommission das Mitgliedsland Ungarn zur Überprüfung der Einhaltung von EU-Recht im Blick auf die LGBTQ-Rechte vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt hat. ‚Die Rechte von LGBTQ-Personen sind Menschenrechte, die weltweit gelten‘, erklärt Birgit Mock, Vizepräsidentin des ZdK.“1
Auch im „Synodalen Weg“, eine progressive Reformveranstaltung der deutschen Katholiken, injiziert das ZdK die Regenbogenideologie:
„Der Synodale Weg der Kirche in Deutschland, der Reformen unter anderem zur Neubewertung von Sexualität anstrebt, habe hier, so Mock, im Synodalforum 4 ‚Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft‘ mit breiter theologischer und humanwissenschaftlicher Expertise Beschlussvorlagen vorbereitet. Bei der kommenden Synodalversammlung im September 2022 wird zur Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt ein eigener Handlungstext vorgelegt.“
Weiterführende Informationen:
Kirchenaustritte: Für die wenigsten eine Glaubensentscheidung
Die Verfolgung von Christen in Deutschland: Das Schweigen der Kirchenfürsten

Konservative Katholiken sind irritiert
Was das ZdK da so treibt, irritiert konservative Katholiken sehr. Die Haltung der katholischen Kirche zur Homosexualität ist im Wesentlichen die: Die Neigung selbst ist keine Sünde, aber ihr Ausleben im sexuellen Akt ist es. Somit wird nicht der Homosexuelle diskriminiert, sondern der homosexuelle Geschlechtsakt. Diese Haltung wird von konservativen Bischöfen auch offiziell vertreten, unter anderem von Bischof Stefan Oster, der dafür von Homo-Lobbyisten scharf kritisiert wurde2. Richtigerweise stellte Bischof Oster fest, dass die Argumentationslinien fadenscheinig seien, mit denen die gleichgeschlechtliche Ehe gerechtfertigt werde. Auch in Gangsterbanden gebe es positive Werte des Zusammenlebens wie Verlässlichkeit, gegenseitige Fürsorge oder Loyalität, dennoch würde niemand daraus eine Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau fingieren3. Diese Stellungnahme aus dem Jahr 2015 richtete sich ausdrücklich gegen entsprechende Forderungen des ZdK.
Abtreibungsstatement des ZdK: Ein Paukenschlag
Waren konservative Katholiken schon irritiert, folgte kürzlich der Paukenschlag: Die ZdK-Präsidentin Frau Dr. Irme Stetter-Karp forderte in einem Artikel in der Wochenzeitung DIE ZEIT vom 14.7.2022 Abtreibungen flächendeckend zu ermöglichen. So jedenfalls verkündete es das katholische Nachrichtenportal katholisch.de in einer reißerischen, womöglich überhaupt nicht beabsichtigten Weise4. Gut sei auch die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen durch die entsprechende Gesetzesänderung durch Bundestag und Bundesrat5, da dies Rechtssicherheit schaffe. Zwar betont Stetter-Karp, dass die Abtreibung weiterhin als medizinischer Ausnahmefall behandelt werden müsse und es weiterhin Schutzkonzepte für das Leben benötige, aber dennoch bleibt ein Beigeschmack. Denn Stetter-Karp will eine personell gut ausgebildete, flächendeckende Abtreibungsinfrastruktur für den Fall, dass Frauen sich trotz der Schutzkonzepte für die Abtreibung entscheiden.
Hier geht das ZdK aber einen Schritt zu weit: Für die Infrastruktur können gerne diejenigen sorgen, die die Abtreibung bagatellisieren und industrialisieren wollen. Das ZdK und die Laienkatholiken sollten sich darauf fokussieren, andere Wege für die Frauen aufzuzeigen. Entsprechend hagelte es von konservativer Seite Kritik. Das katholische Nachrichtenblatt DIE TAGESPOST titelte: „Stetter-Karp wirft sich vor der Ampel in den Staub.“ Die Deutsche Bischofskonferenz distanzierte sich von Stetter-Karps Äußerungen6.
ZdK und katholische Amtskirche offensichtlich uneins
Das ZdK und der vom ZdK gesteuerte Synodale Weg fordern die katholische Amtskirche heraus. Auch Papst Franziskus reagierte auf den deutschen Kirchensonderweg: „Es gibt eine sehr gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei von ihnen.“7 Reformen seien zwar nötig, doch dürfe die Kirche dabei nicht zu einer Verfügungsmasse werden, die man situationskonform jeweils neu kneten und gestalten kann, sagte dazu Kardinal Walter Kasper. Noch deutlicher Kardinal Gerhard Müller: Er übt scharfe Kritik am deutschen Synodalen Weg und dessen „monothematische Fixierung auf die Sexualität“, was „ein Menschenbild ohne den lebendigen Gott“ und „anthropologischen Nihilismus“ vermittle8.
Unsere Empfehlung:

Wer steuert das ZdK?
Man könnte also meinen, das ZdK sei eine außerkirchliche Opposition, getragen von der Laiengesellschaft. Eine Gruppierung, die die angeblich verstaubte Amtskirche zu Reformen dränge, die diese nicht wolle. Aber weit gefehlt: Das ZdK ist eine Organisation, die von der Amtskirche vollkommen kontrolliert wird. Die Amtskirche finanziert das ZdK zu 97 %9 und bestimmt dessen Führungspersonal. Das ganze Führungspersonal des ZdK, das in den Medien für seine linke, progressive Agenda trommelt, hat den Segen der Deutschen Bischofskonferenz. Das ZdK ist nichts anderes als eine von der Kirche selbst geschaffene und gelenkte Opposition. Diese Lenkung beschreibt ein Tagebuch, das Mitglieder der konservativen katholischen Frauenorganisation Maria 1.0 verfassten – es berichtet von den Sitzungen des Synodalen Wegs:
„Das ist nicht Kirche! Das ist Politik. Und wie es so ist – in der Politik, – herrscht auch mal ein rauer Ton. Es geht ums Recht haben und Recht behalten. Obwohl am 2. Tag der Synodalversammlung nur die Satzung des Synodalen Weges verabschiedet werden sollte, wuchs in mir der Eindruck, dass vorab schon alles eingefädelt, besprochen und geplant war. Jeder Widerspruch wurde im Keim erstickt und die Einwände der Bewahrer abgelehnt. Sowohl im Applaus als auch in den Wahlergebnissen spiegelte sich die ganze Situation wider: Es gibt viele Reformer und wenige Bewahrer.“10
Angst vor dem Verlust von Privilegien
Aber wozu schafft sich die Kirche ein solches ZdK, eine interne Opposition? Natürlich geht es um Politik. Die Amtskirchen haben in Deutschland viele staatlich garantierte Privilegien und das ist nicht nur die Kirchensteuer und die staatliche Finanzierung, sondern auch so etwas wie Besetzung von Posten in paritätischen Ausschüssen, im Fernsehrat, der ganze öffentlich-rechtliche Status. Da die katholische Kirche Auffassungen vertritt, die nicht dem linken Mainstream entsprechen, der in Deutschland herrscht, droht ein Verlust dieser Privilegien.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder warnte davor im Kontext der Kirchenaustritte11. Das ZdK fungiert anscheinend als eine Art Tribut an den Mainstream – er soll linke, atheistische Reformer und Gesellschaftsumformer genauso beschwichtigen wie gelangweilte Mütter, solange es eben geht. So hält sich die katholische Kirche alles offen.
Verlust der Relevanz – oder doch ganz anders
Wenn die katholische Kirche in Deutschland ihre Relevanz verliert, dann ist es nicht wegen ihrer konservativen Haltung, sondern genau diese Angst vor dem Privilegienverlust; ihr Versagen, für ihre Grundsätze einzustehen. Zunächst scheint die Vorgehensweise der katholischen Kirche schon fast pharisäerhaft. Auf der anderen Seite könnte sie einfach genial sein.
Schauen wir uns doch Deutschland heute an: Diese Feministen-, Pro-Homo- und Pro-Abtreibungsbanden – zumeist Biodeutsche – sind doch ein temporäres Problem. Diese Leute schaffen sich mangels nachhaltiger Reproduktion doch selbst ab. Eine Generation abwarten und der Spuk ist vorbei. Natürlich werden ihre Thesen noch einige Zeit nachhallen, aber was danach kommt, sind ganz andere Mentalitäten. Es werden die Mentalitäten archaischer Gesellschaften sein, die der „Neudeutschen“ und „Fachkräfte“, die für den progressiven Stuss überhaupt nicht empfänglich sind.
Was in Deutschland durch den Synodalen Weg fabriziert wird, ist eine Episode in der zweitausendjährigen Kirchengeschichte. In Rom schaut man auf Südamerika und andere Regionen der Erde, wo sie wächst und wo die Gesellschaft noch nicht das nihilistische, postindustrielle und postmaterialistische Stadium erreicht hat, in dem Traditionen und Familien zerfallen – also das, was eine Gesellschaft zusammenhält.
Betriebswirtschaftlich gesehen steht Deutschland für die katholische Kirche auf dem Harvest-Status, also „abschöpfen“. Die katholische Kirche in Deutschland ist nämlich sehr reich, wenn nicht die reichste. Viele Projekte der Kirche auf der Welt sind ohne deutsches Geld nicht denkbar12. Die Amtskirche zieht daher aus Deutschland noch so viel Geld ab wie möglich, bevor die Lichter ausgehen. Deutschland ist nämlich ein ausgehendes Licht. Wen interessiert es also, was eine Ampelregierung noch für gesellschaftliche Reformen anstößt? Damit werden sich eines Tages Historiker befassen, um zu studieren, aus welchen Zutaten der Untergang einer Hochkultur gemacht wird. Insofern gewinnt die katholische Kirche mit der Nebelkerze ZdK einfach Zeit. Und für Deutschland läuft diese gerade ab.
Weiterführende Informationen:
Amtskirchen: »Migration menschenwürdig gestalten«
Fromme Schlepper: “Sea-Watch 4” bezieht Position vor libyscher Küste

1 https://www.zdk.de/veroeffentlichungen/pressemeldungen/detail/ZdK-Vizepraesidentin-Mock-LGBTQ-Rechte-sind-Menschenrechte–1504A/ (Aufruf: 31.07.2022).
2 https://www.sueddeutsche.de/bayern/kirche-passau-lesben-und-schwulenverband-kritisiert-predigt-von-oster-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210104-99-893797 (Aufruf: 31.07.2022).
3 https://stefan-oster.de/gedanken-zur-segnung-gleichgeschlechtlicher-partnerschaften-sowie-von-partnerschaften-geschiedener/ (Aufruf: 31.07.2022).
4 https://www.katholisch.de/artikel/40172-zdk-praesidentin-abtreibungen-flaechendeckend-ermoeglichen (Aufruf: 31.07.2022).
5 https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/paragraph-219a-2010222 (Aufruf: 31.07.2022).
6 https://de.catholicnewsagency.com/story/abtreibung-haltung-von-zdk-chefin-widerspricht-der-deutschen-bischofskonferenz-11329 (Aufruf: 31.07.2022).
7 https://www.die-tagespost.de/kirche/weltkirche/synodaler-weg-einmal-mehr-blamiert-art-229557 (Aufruf: 27.06.2022).
8 https://de.catholicnewsagency.com/story/kardinal-mueller-verurteilt-anthropologischen-nihilismus-beim-synodalen-weg-11161 (Aufruf: 31.07.2022).
9 https://www.zdk.de/ueber-uns/finanzen/ (Aufruf: 31.07.2022).
10 https://mariaeinspunktnull.de/docs/Tagebuch_Schmidt_ErsteSynodalversammlung.pdf (Aufruf: 31.07.2022).
11 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-soeder-marx-erzbistum-muenchen-und-freising-jahresempfang-1.5620163 (Aufruf: 31.07.2022).
12 https://catholicherald.co.uk/why-the-german-church-is-rich-and-arrogant/ (Aufruf: 31.07.2022).