Karlsruhe: Merkels Rechtsverletzung

Das Bundesverfassungsgerichts hat geurteilt: Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Neutralitätspflicht verletzt, als sie die Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich mit den Stimmen von CDU und AfD »unverzeihlich« nannte. Damit hatte die Klage der AfD gegen die Altkanzlerin Erfolg.

Folgenloser Erfolg

Zur Erinnerung: Der linke Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte im Ergebnis der Landtagswahl 2019 seine knappe Mehrheit verloren. Beim Versuch der Wiederwahl scheiterte er zweimal. Das war eigentlich vorher klar, dennoch trat Ramelow an – wohl in der Hoffnung, Abweichler aus CDU, FDP oder AfD würden ihm in geheimer Wahl ihre Stimme geben.

Diese Spekulation war durchaus real. Schon in der der vorhergehenden Legislaturperiode konnte die rot-rot-grüne Koalition nach dem Austritt der SPD-Abgeordneten Marion Rosin nur wegen Oskar Helmerich, der 2015 die AfD verlassen und ein Jahr später zur SPD gewechselt war, weiterregieren.

Doch 2020 ging der Plan nicht auf. Im dritten Wahlgang stimmte die AfD geschlossen für den FDP-Kandidaten Kemmerich, der damit zunächst gewählt war. Es folgte ein Trauerspiel für die Demokratie, für das neben dem Hennig-Wellsows Blumenstrauß-Wurf der Auftritt der Kanzlerin in Südafrika der Gipfel des Schmierentheaters war.

Weiterführende Informationen:

Notnagel Ex-AfD-Abgeordneter

Thüringen: Wann stürzt Kemmerich?

Thüringen: Grüne feiern Regierungssturz

Merkel nutzte eine Pressekonferenz mit dem Präsidenten, um »aus innenpolitischen Gründen eine Vorbemerkung« zu machen:

»Die Wahl des Ministerpräsidenten war ein einzigartiger Vorgang, der mit einer Grundüberzeugung für die CDU und auch für mich gebrochen hat, dass nämlich keine Mehrheiten mit Hilfe der AfD gewonnen werden sollen. Da dies in der Konstellation, in der im dritten Wahlgang gewählt wurde, absehbar war, muss man sagen, dass dieser Vorgang unverzeihlich ist und deshalb das Ergebnis rückgängig gemacht werden muss.« Und sie schiebt nach: »Es war ein schlechter Tag für die Demokratie.«

Quelle

Damit nicht genug: Ein Wortlaut-Protokoll der Pressekonferenz samt Merkels Vorbemerkung wurde anschließend auf den Internetseiten der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung veröffentlicht. Es folgten der Rücktritt Kemmerichs und ein Klage der AfD beim Bundesverfassungsgericht – sowohl gegen die Äußerung als solche sowie gegen die Veröffentlichung.

Das Urteil ließ lange auf sich warten. Es fiel, als es keine Wirkung mehr entfalten konnte. Es fiel zudem so knapp wie nur möglich aus – mit fünf zu drei Stimmen. Die Verfassungsrichterin Astrid Wallrabenstein hielt es gar für nötig, ein Sondervotum gegen die Mehrheitsentscheidung abzugeben.

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Das Urteil reiht sich ein in ähnliche Vorgänge, den ehemaligen Innenminister Seehofer (CSU) und die (nahezu vergessene) Bildungsministerin Johanna Wanka betreffend. Die Schieflage unserer »Demokratie« zeigte sich immer wieder, selbst in den eigentlich unbedeutenden Niederungen der Kommunalpolitik.

Altenstadt: Ortsvorsteher nach Druck abgewählt

In Altenstadt (Hessen) wurde im September 2019 Stefan Jagsch (NPD) zum Ortsvorsteher mit den Stimmen von SPD und CDU und Parteilosen auf der Liste der FDP gewählt. In der Folge wurde »international für Empörung« gesorgt. Jagsch wurde daraufhin am 22.10.2019 wieder abgewählt, als Nachfolgerin wurde die Kommunalpolitikerin Tatjana Cyrulnikov (CDU) installiert. In diesem Falle war die Klage nicht erfolgreich, das Verwaltungsgericht Gießen wies sie 2021 ab.

All diese Vorgänge zeigen, dass den »Volksvertretern« der etablierten Parteien und ihrem Anhang in den Medien jedes Mittel recht ist, wenn es um die Sicherung des vorgezeichneten Weges geht. Dem entgegenstehende Urteile bleiben meist nicht mehr als Fußnoten der Geschichte in Erinnerung.

Übrigens: Ramelows Minderheitsregierung ist immer noch im Amt.

Stefan Paasche

Weiterführende Informationen:

“NPD-Ortsvorsteher Jagsch ist abgewählt”

Keine freie Liebe – warum die Linke untergeht

DS-Post

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