Die Straße wird die Freiheit gegenüber dem Parlament verteidigen müssen
Die Orientierungsdebatte zur Impflicht im Bundestag machte überwiegend deutlich, dass der gesundheitspolitische Kompass abhandenkam. Es werden zwar unterschiedliche Wege beschrieben, allerdings fast ausnahmslos in dieselbe falsche Richtung. Diejenigen Stimmen im Plenum, die sich gegen eine Impfpflicht, auch gegen eine gestufte aussprechen, sind entweder sehr schweigsam oder doch zu wenig. Möglicherweise kann es nur noch die Straße richten, indem sie ein Ausmaß zu erwartenden zivilen Ungehorsams zu erkennen gibt, die den Glauben an eine praktische Umsetzung obsolet werden lässt.
Sascha A. Roßmüller
Besagte Orientierungsdebatte, die zumeist ein faktenresistentes Irrlichtern im Dreschen längst widerlegter etablierter Impf-Phrasen darstellte, tat der parlamentarischen Orientierungslosigkeit keinen Abbruch. Es ging noch nicht um konkrete Anträge, jedoch vermittelte die ca. dreistündige Debatte den Eindruck zweier um die Mehrheit ringenden Richtungen, überwiegend – wenngleich auch nicht ausschließlich – aus den Reihen der Koalition bestückt.
Zum einen die allgemeine Impfpflicht für alle ab 18 Jahren, zeitlich befristet und drei Impfungen umfassend, und zum anderen eine gestufte Impfpflicht ab 50 Jahren zusätzlich eines verpflichtenden Arztgespräch für alle volljährigen Ungeimpften.
Um den Bundestagsvizepräsidenten und stellvertretenden FDP-Chef Wolfgang Kubicki sammeln sich einige Unterstützer eines zu erwartenden Antrags gegen die Impflicht, die diese als tiefgreifenden Grundrechtseingriff beschreiben, ungeeignet die aktuelle Infektionswelle zu brechen. Diesem Antrag wird vermutlich seitens der AfD Zustimmung beschieden sein. Für eine parlamentarische Mehrheit dürfte dies voraussichtlich aber dennoch nicht ausreichen.

Autoritärer Amoklauf
Die Linkspartei scheint überwiegend einer allgemeinen Impfpflicht ab Volljährigkeit zuzusprechen, wobei es seit Auftreten der milderen Omikron-Variante auch differenziertere Äußerungen gibt. Die vernunft- und faktenbasierte Haltung Sahra Wagenknechts bleibt jedoch nach wie vor eine seltene Ausnahme innerhalb der Linken. Die Unionsparteien zeigen sich uneinheitlich, um nicht zu sagen orientierungslos.
Man darf nun auf die konkreten Anträge gespannt sein, deren erste Lesung für die Sitzungswoche Mitte Februar zu erwarten ist. Im Märzplenum könnte dann ein Gesetzesbeschluss erfolgen, jedoch ist für dies Gesetz auch der Bundesrat noch zustimmungspflichtig, weshalb ein Inkrafttreten vor frühestens Juli nicht zu erwarten sein dürfte.
AfD-Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel klagte die Einführung einer Impfpflicht als einen Anschlag auf die Menschenwürde an. Sie geißelte die Corona-Politik als einen autoritären Amoklauf, der nicht allein einen elementaren Zivilisationsbruch darstelle, sondern gemessen an den Aussagen, die noch vor der Bundestagswahl getätigt wurden als Wählerbetrug und Vertrauensbruch.

Propaganda ist nicht Aufklärung
Wolfgang Kubicki wies eine mantrahaft vorgetragene Falschaussage widerlegend darauf hin, dass eine Impfung ohne sterile Immunisierung auch kein Akt von Solidarität sein könne, und besann sich ferner in seiner Rede auf das »F« in seinem Parteinamen, indem er ausführte: »Wenn die Mehrheit, unter Einschränkungen von Grundrechten, für eine Minderheit festlegt, was vernünftig ist, dann können wir nur hoffen, nicht eines Tages Angehörige einer Minderheit zu sein.« Wobei er offen ließ, weshalb er davon ausgehe, dass es sich bei den Gegnern einer Impfpflicht um eine Minderheit handle. Womöglich spiegelt das Parlament längst nicht mehr den überwiegenden Volkswillen wider. Anhand von Umfrageergebnissen und Entscheidungen beispielsweise hinsichtlich der seinerzeitigen Westanbindung Deutschlands, der Euro-Einführung oder der Flüchtlingspolitik ließe sich dies trefflich diskutieren.
FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann favorisierte in der Debatte die Verpflichtung zum Beratungsgespräch unter anderem mit dem Argument, dass die Bürger auch ein Recht auf eine professionelle Aufklärung zum Thema Corona-Impfung hätten. Dies mag nicht in Abrede gestellt werden, nur sollte sichergestellt sein, dass Aufklärung etwas anderes ist als Propaganda, und Vertrauen wie Glaubwürdigkeit wohl größer wären, hätte man die Impfung nicht zum lukrativen Dukatenesel für diejenigen gemacht, die diese Aufklärung vornehmen sollen.
Streitpunkt Impfregister
Tino Sorge (CDU/CSU) sprach sich ein wenig widersprüchlich zwar für das Impfen aus, führte überdies aber nicht zu Unrecht aus, dass, solange es keine Impfstoffe gebe, die absolute Sicherheit böten, auch eine absolute Impfpflicht der falsche Weg sei. Sein Parteikollege Dr. Volker brachte zumindest zur Sprache, dass unabhängig bei welcher Form der Impfpflicht die Frage geklärt sein müsse, mit welchen Impfstoffen, in welchen Abständen, gegen welche Varianten geimpft würde. Ein weiterer Hinweis aus praktischer Sicht sei die Nachweispflicht des Staates bei Bußgeldverfahren, sprich Bußgeldverfahren wären nur wegen Verstoßes gegen die Impfnachweispflicht möglich. Dies tangiert die datenschutzrechtlich diffizile wie sensible Frage nach der Einführung eines Impfregisters, die unter den Parlamentariern ebenfalls alles andere als unumstritten ist. Ob die besonderen rechtlichen Anforderungen der Ziel- und Zweckbestimmung sowie Verhältnismäßigkeit eines solchen Impfregisters allein mit der machtpolitischen Durchsetzung der Impfpflicht zu begründen ist, dürfte ein weiterer nicht unerheblicher rechtspolitischer Streitpunkt werden.
Impffreikauf für Finanzelite?
Matthias W. Birkwald von der Linken – in einer Art gesundheitspolitischem Stockholm-Syndrom geimpft und geboostert, obwohl sein Vater einen Tag nach der Impfung verstarb – sprach sich dennoch wenigstens für die freie individuelle Entscheidung als dem richtigen Weg aus. Interessant war auch sein Hinweis, dass die Finanzelite leicht einer Impfung entgehen könne, da das Bußgeld für den Investmentbanker nicht höher als für den Hartz IV-Empfänger wäre. Wenn er da nur mal nicht wieder Futter für Verschwörungstheorien ausstreute… Sozi Dirk Wiese strickte sich die politische Welt ideologisch weit einfacher zurecht, indem er behauptete, dass man keine Zwangsmaßnahmen wolle, eine Impfverweigerung solle lediglich bußgeldbewährt sein. Um dies nachvollziehen zu können, bedarf es vermutlich langjähriger sozialdemokratischer Gehirnwäsche.

Die SPD wartete mit so einigen fragwürdigen rhetorischen Stilblüten auf. Der Abgeordnete Christos Pantazis, seines Zeichens Impffanatiker, verstieg sich sogar dazu, angesichts dieser die Freiheit zur Disposition stellenden Debatte gar von einer »Sternstunde des Parlamentarismus« zu schwurbeln. Sonja Eichwede, eine stramme Befürworterin der Impfpflicht ab 18 und ebenfalls an Sozi-Nebenwirkungen leidend, bezeichnete ausgerechnet in dieser hochnotpeinlichen Debatte dieses »Hohe Haus als Herzkammer der Demokratie«. Den Autor dieses Artikels beschlich jedoch vielmehr die Befürchtung, dass auch diese Herzkammer politisch zunehmend an myo- und perikarditischen Kollateralschäden leidet. Stephanie Aeffner von den Grünen sprach selbst am Rednerpult noch mit aufgezogener Maske, was jedoch weniger der Grund war, weshalb ihre Ausführungen unverständlich blieben.
Lauterbach halluziniert rekombinierte Variante herbei
Eine Einschätzung darüber zu bekommen, wie dieses peinliche politische Trauerspiel enden wird, ist angesichts einer Politkaste, die offensichtlich nicht weiß, was sie tut, schwer zu sagen. Mag man den Justiz- sowie den Gesundheitsminister als Referenz heranziehen, so sieht Justizminister Buschmann die Frage nach der Überlastung des Gesundheitssystem als wesentlich an und blendet auch die Entwicklung antiviraler Medikamente nicht aus, weshalb er angesichts der milderen Omikron-Variante zur gestuften Impfpflicht ab 50 tendiert. Er geht dahingehend mit dem Ethikrat und zahlreichen Verfassungsrechtlern d`accord, dass vor einer Impfpflicht auf jeden Fall zunächst mildere Maßnahmen ausgereizt sein müssten.

Gesundheitsminister Lauterbach hingegen machte den Anschein, am liebsten eine Impfpflicht ab der dritten Schwangerschaftswoche zu befürworten. Er halluzinierte die imaginäre Bedrohung einer künftigen rekombinierten Variante von der Art »Deltakron« herbei, und erinnerte dabei durchaus an sich selbst, als eine Legierung von Prognosedilettantismus über Datenblindflug bis hin zu Talkshow-Infektiosität.
Lauterbach missbraucht Hegel
Wohl mangels eigener geistvoller Kapazität bemühte Lauterbach Hegel, indem er auf die »Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit« zitierte. Wessen Einsicht allerdings nicht ausreicht, zu erkennen, dass keine Notwendigkeit vorliegt, ist ein Blindgänger und möge nicht über Freiheit sprechen. Den Schlusspunkt in der Debatte setzte Lauterbachs Parteigenossin Carmen Wegge mit der wenig geistreichen Behauptung, eine Impfung erst ab 50 sei eine willkürliche Festlegung. Die ab 18 aber offenbar nicht… Und tatsächlich war der affektierte Aufruf der Sozi-Abgeordneten »Lassen Sie uns die Pandemie beenden: Wir wissen wie!« der Schlusssatz dieser erbärmlichen Parlamentsdebatte.
Um mit Blick auf Lauterbach abschließend noch einmal auf Hegel zu rekurrieren. Hegel sagte auch: »Die Weltgeschichte ist der Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit.« Vielleicht haben gerade die gegen die Corona-Politik Protestierenden das Bewusstsein in die Notwendigkeit erlangt, dass die Freiheit auf der Straße verteidigt zu werden hat, wenn sie durch die Parlamente bedroht wird.

2 Antworten
Karl Knall, der Corona-Ritter von der lächerlichen Gestalt:
https://www.kolnet.de/aggregator/sources/4
Hallo Deutsche Stimme!
Wie ist Ihre Haltung zur Impfpflicht?
Mit kameradschaftlichen Grüssen
Sven Göhler