Ein pittoreskes Bild bot sich dem österreichischen Thronfolger-Paar, als es am 28. Juni 1914 in der bosnischen Hauptstadt eintraf. Die aus sieben Fahrzeugen bestehende kaiserliche Kolonne rollte auf dem prächtigen Appel-Kai an dem wunderschönen Fluss Miljacka entlang. Der Erzherzog und seine Frau Sophie ahnten nicht, dass sich zu diesem Zeitpunkt schon sieben Attentäter der serbischen Terror-Organisation »Schwarze Hand« entlang des Appel-Kais postiert hatten.
Arne Schimmer
Ein erster Anschlagsversuch des 19jährigen serbischen Druckergesellen Nedeljko Čabrinović mit einer Granate schlug fehl, da Franz Ferdinand das Wurfgeschoss mit dem Arm abwehrte und die Granate dann vom Verdeck des Wagens abprallte.
Statt den Besuch nun sofort abzubrechen, wurde wie geplant der Empfang im Rathaus absolviert. Unglückseligerweise beschloss man dann auch noch, die drei Verletzten, die es bei dem Granatenanschlag gegeben hatte, im städtischen Militärkrankenhaus zu besuchen. Der erste Wagen der Kolonne bog aber falsch ab, da er nicht über die neue Route informiert war. Als man diesen Fehler bemerkte, folgte ein umständliches Wendemanöver.

Von Walter Tausch – Europeana 1914-1918, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26951169
Der Wagen des Thronfolger-Paares kam dabei ausgerechnet vor einem Café zu stehen, in dem der 19jährige serbische Gymnasiast Gavrilo Princip saß. Dieser – er galt als bester Schütze unter den Terroristen – hatte als einzige Person aus der siebenköpfigen Attentäter-Gruppe nach dem ersten Fehlschlag ausgeharrt. Er musste nun nur noch aufstehen, einige Schritte gehen und die tödlichen Schüsse auf Franz Ferdinand und Sophie abgeben.
Konstruierte deutsch-österreichische Kriegsschuld
Sofort war klar, dass dieser Verlust das Habsburgerreich ins Mark traf und nicht zu kompensieren war. Mit dem Ableben des zu dieser Zeit schon seit über 60 Jahren regierenden Kaisers Franz Joseph war schon im Frühjahr 1914 gerechnet worden. Sein designierter Nachfolger Franz Ferdinand wiederum war fest entschlossen, das Konzept der Doppelmonarchie zu überwinden und die Machtstrukturen im Habsburgerreich zugunsten eines »Trialismus« unter Beteiligung der slawischen Völker zu reformieren. Außerdem war er entschiedener Gegner eines Krieges gegen Serbien.
Gerade das machte ihn paradoxerweise zum Attentatsziel von großserbisch eingestellten Kreisen in Belgrad, die ihre Ziele nur über die Zerstörung des Habsburgerreichs erreichen konnten. So wurde das Attentat von Sarajevo minutiös vom serbischen Geheimdienstchef Dragutin T. »Apis« Dimitrijević geplant, der schon für die bestialische Ermordung der Familie des österreichfreundlichen serbischen Königs Aleksandar Obrenovic im Juni 1903 verantwortlich gewesen war.
Auch der damalige serbische Premier Nikola Pasic war in die Attentatspläne von Sarajevo eingeweiht wie wohl auch Nikolaus Hartwig, der russische Botschafter in Belgrad. Das alles wird heute natürlich – neben einer gigantischen Fülle an weiteren historischen Tatsachen – beiseite gewischt, um eine angebliche deutsch-österreichische Schuld am Ersten Weltkrieg zu konstruieren.
Weiterführende Informationen:
Franz Joseph I.: Ein Kaiser als Mythos
Sekretär seines Jahrhunderts – Ernst Jünger
Paul von Hindenburg: Erinnerung an den Helden von Tannenberg

Zum Titelbild
Mit diesem Gemälde unter dem Titel »Gavrilo Princip erschießt Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Frau«, veröffentlicht in der italienischen Zeitung La Domenica del Corriere am 12. Juli 1914) versucht Achille Beltrame das Attentat nachzuempfinden. In Wirklichkeit allerdings saß Franz Ferdinand hinten links, seine Gattin auf der rechten Seite.