Symbol des Ruhrkampfes: Wie kein anderer Beteiligter steht Albert Leo Schlageter bis heute für den aktiven deutschen Widerstand gegen die französische Besetzung des Ruhrgebietes.
Es war der 26. Mai 1923, als Albert Leo Schlageter mit 28 Jahren in einer Sandgrube der Golzheimer Heide am Stadtrand von Düsseldorf durch die Kugeln eines französischen Hinrichtungskommandos sein junges Leben verlor.
Thomas Simon
In den Wochen zuvor waren im besetzen Gebiet viele junge Männer vom passiven zum aktiven Widerstand übergegangen. Seit März gab es immer wieder Anschläge auf Einrichtungen der Besatzer und auf Bahngleise, um den Abtransport von Ruhrkohle nach Frankreich zu verhindern.
An der Spitze des aktiven Widerstands stand die »Organisation Heinz« unter Leitung des ehemaligen Freikorpsführers Heinz Oskar Hauenstein. Ihr gehörte auch Schlageter an, der am 12. August 1894 in Schönau im Schwarzwald zur Welt gekommen war und sich beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges freiwillig gemeldet hatte. Nach Kriegsende war er in verschiedenen Freikorps aktiv. Im Mai 1919 war Schlageter im Baltikum an der kurzzeitigen Befreiung Rigas beteiligt, im März 1920 an der Niederschlagung des kommunistischen Aufstands im Ruhrgebiet und im Frühjahr 1921 an den Abwehrkämpfen gegen polnische Aufständische in Oberschlesien.

In der »Organisation Heinz« leitete Schlageter eine siebenköpfige Gruppe in Essen, die sowohl den französischen Spionagedienst überwachen als auch Sprengstoffanschläge verüben sollte. Historisch gesichert sind zwei Aktionen gegen Bahnlinien am 12. und am 15. März 1923. Der erste Anschlag erfolgte gegen Gleise am Essener Bahnhof Hügel, der zweite richtete sich gegen eine Brücke bei Kalkum im Norden von Düsseldorf. Bei beiden Aktionen entstand nur Sachschaden, weder kamen Menschen dabei um, noch wurde jemand auch nur verletzt.
Wie es zur Verhaftung Schlageters am 7. April kam, ist bis heute umstritten. Hinsichtlich des erhobenen Vorwurfs eines Verrats wurden Anschuldigungen gegen rivalisierende Angehörige anderer Geheimorganisationen laut, die jedoch nie bewiesen wurden. Als Ursache wahrscheinlicher sind aus heutiger Sicht die umfangreichen Ermittlungen der französischen Geheimpolizei Sureté, die mit drakonischen Mitteln vorging. So nahm man nach dem Anschlag von Kalkum drei Bürger des Orts als Geiseln und wies einen Bürgermeister aus der Nähe an, Ermittlungen aufzunehmen, bei denen schließlich ein »Albert Leo Schlagstein« ermittelt wurde.

Eine Woche nach der Verhaftung Schlageters wurden weitere aktive Widerstandskämpfer. Insgesamt standen sieben Männer vor einem französischen Gericht, das am 8. und 9. Mai im Landgericht Essen tagte. Historiker halten es für wahrscheinlich, dass die Angeklagten während der vorherigen Untersuchung gefoltert wurden.
Das am 9. Mai 1923 gefällte Todesurteil machte Schlageter mit einem Mal im ganzen Reich bekannt. Wie bereits beim Oster-Blutbad in Essen wurde der Richterspruch einhellig und über alle Parteigrenzen hinweg verurteilt. Doch weder eine Protestnote der Reichsregierung, noch Gnadengesuche der Eltern Schlageters oder hochrangiger katholischer Geistlicher konnten etwas bewirken. Der französische Ministerpräsident Poincaré war fest entschlossen, an Schlageter ein Exempel zu statuieren. Die Franzosen mussten indes bald einsehen, dass sie mit der Hinrichtung Albert Leo Schlageters einen Märtyrer geschaffen hatten. Der Kampf an der Ruhr ging weiter.
