Nach Wegfall der Kontrollen: Starker Anstieg der Grenzübertritte erwartet!

Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen war die Zahl der eingereisten Asylforderer zurückgegangen. Wie wir schon im Mai vermutet hatten, musste aber davon ausgegangen werden, das sie ihre Reise ins „Gelobte Land“ lediglich unterbrochen haben und nun etwas später kommen.

Ganz zu waren die Grenzen aber nie. Jetzt ist mit dem Wegfall der innereuropäischen Grenzkontrollen damit zu rechnen, dass die Zahlen erneut steigen werden. Beim Wiener Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) rechnet man für den Herbst wieder mit ähnlichen Monatszahlen wie im Vorjahr.

Legale Wege für die Arbeitsmigration

ICMPD-Experte Martin Hofmann weiß im Gespräch mit der österreichischen Presseagentur APA der Entwicklung auch Positives abzugewinnen. Die Krise habe gezeigt, wie wichtig legale Wege der Arbeitsmigration und Investitionen in Ausbildung seien. Wie so oft wird damit die Migration nur unter kurzfristigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten bewertet.

Das Interview bringt aber auch einige Aspekte in Erinnerung, die in der allgemeinen Corona-Hysterie fast in Vergessenheit geraten waren. So hatten laut Hofmann bis 2019 die Asylantragszahlen von Venezolanern und Kolumbianern in der EU massiv zugenommen. Der Grund: Die Lateinamerikaner konnten visafrei nach Spanien einreisen, viele stellen danach einen Antrag auf Asyl.

Corona-Pandemie lässt Potenzial für Fluchtbewegung wachsen

Das Potenzial für Fluchtbewegungen sei durch die Corona-Pandemie sehr gewachsen, so Hofmann. Viele Menschen seien direkt von den negativen wirtschaftlichen Folgen betroffen, dadurch dürfte – wie in den vergangenen Jahren – die Zahl der Binnenvertriebenen (IDPs) steigen. Aber auch die „gut gebildete Mittelschicht“ könnte sich auf der Suche nach Perspektiven auf den Weg nach Europa machen.

Quelle: https://www.sozcu.com.tr/2020/gundem/siniri-gecemeyen-gocmenler-geri-donuyor-bizi-dovduler-biz-de-onlara-tas-attik-5652684/ (Screenshot)

Gegensteuern ist dennoch nicht angesagt – im Gegenteil: Neben dem Aspekt der „Reisefreiheit mit Drittstaaten“ ist für Hofmann die Zusammenarbeit mit anderen Staaten ein wichtiger Aspekt bei der Prognose von Migrationsbewegungen. Nebulöser geht es kaum – wohin die Entwicklung gehen wird, dürfte trotzdem klar sein.

Mehr Geld für die Türkei

Wichtig seien weiterhin die Beziehungen der EU mit der Türkei, wobei „Brüssel“ (und dürfte damit Berlin meinen) einen „höheren Beitrag“ leisten müsse, sagte Hofmann in Anspielung auf die Forderungen Ankaras im EU-Türkei-Abkommen. Marokko und Libyen würden ebenfalls eine zentrale Rolle (Geldzahlungen für Grenzkontrollen?) spielen.

Tatsächlich steigt die Zahl der „Flüchtlingsboote“ von der libyschen Küste wieder an und auch die Schlepperaktivitäten auf der sogenannten Balkanroute nähmen wieder zu. Das ICMPD hatte bereits in der Vergangenheit „mehr legale Migrationswege“ gefordert. Im Bereich der Ausbildung müsse viel stärker mit Herkunftsländern kooperiert werden.

Jedenfalls müsse dies – so der ICMPD-Experte – Teil einer Gesamtstrategie in Sachen Migration sein. Wenn Hofmann zum Abschluss meint, „an der ‚Marktsituation‘ hat sich eigentlich nichts geändert“, so zeigt er noch einmal worum es eigentlich geht: Geschäfte! Völker, Nationen oder Kultur spielen dabei nur eine untergeordnete – wenn nicht gar störende – Rolle! (sp)

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