Bis 1990 war für die Welt klar, das so genannte Massaker von Katyń, einem kleinen Ort in der Nähe von Smolensk, ist nur eine weitere Barbarei, die Hitler-Deutschland zu verantworten . Erst im Zuge von Glasnost und Perestroika, für die Michail Gorbatschow ab 1986 stand, gab die Sowjetunion zu, dass das NKWD ab dem 03. April 1940 auf Befehl Stalins mit der systematischen Ermordung polnischer Gefangener nicht nur in Katyń begann. Historiker gehen von etwa 27.000 Opfern aus. Unter den Hingerichteten befanden sich hauptsächlich polnische Offiziere und Intellektuelle. Der Befehl dazu erging am 5. März 1940 mit der berüchtigten „Entscheidung Nr. 144“ des Politbüros. Zu diesem Zeitpunkt hatte Polen bereits kapituliert und stellte für die Sowjetunion keine Bedrohung mehr dar.

Wie ging das NKWD vor?
Während des Einmarsches in Polen machte die Sowjetunion etwa 250.000 Gefangene. Diese wurde dem Volkskommissariat für innere Angelegenheiten (NKWD) überlassen, das alle höheren Offiziere, Angehörige der polnischen Staatspolizei, Gutsbesitzer, Unternehmer oder Beamte unter den Kriegsgefangenen aussortierte. Ab dem 03. April 1940 wurden diese Aussortierten dann systematisch hingerichtet.

Besonders perfide: Stalin war klar, dass ein Massenmord in dieser Größenordnung nicht unbemerkt bleiben würde. Deshalb nutzten die abkommandierten Einheiten für die Hinrichtungen vorher ausgegebene deutsche Pistolen der Marke Walther. Die Gefangenen wurden größtenteils durch Genickschüsse ermordet und ihre Leichen in zuvor ausgehobenen Massengräbern verscharrt. Wer nicht sofort erschossen wurde, kam in Arbeitslager, wo die Sterblichkeit ebenfalls exorbitante Ausmaße annahm. Nach vier großen Verhaftungswellen wurden fast eine Million Einwohner der annektierten polnischen Gebiete nach Sibirien, Kasachstan und in die Bergbaugebiete am Polarkreis deportiert. Darunter zehntausende Juden, da die Sowjets es besonders auf Zionisten abgesehen hatten. Aus den mittlerweile freigegebenen Dokumenten ist ersichtlich, dass insbesondere die jüdischen polnischen Offiziere vielfach vergebens um Rücksiedlung ins mittlerweile zum deutschen Generalgouvernement gewordene Polen baten.
Den Deutschen in die Schuhe geschoben
Als 1941 die Wehrmacht nach Katyń vorstieß, berichteten verbliebene Einwohner von den Gräueltaten der Sowjets. Während der Untersuchungen wurden von Wölfen ausgegrabene Menschenknochen und mehrere hundert Leichen in polnischen Uniformen entdeckt. Nachdem durch Briefe, Fotos und Uniformteile Sicherheit bestand, dass es sich bei den Toten um die seit 1940 vermissten polnischen Soldaten handelte, machte die Reichsregierung den Fund bekannt. Sie entsandte Gerichtsmediziner, Journalisten und Schriftsteller verschiedener Nationen sowie US-amerikanische und britische Kriegsgefangene nach Katyń.

Stalin hatte jedoch kein Interesse sich dieser Morde für schuldig zu bekennen. Er verwies auf die deutsche Wehrmacht als Schuldige. Churchill und Roosevelt glaubten dem verbündeten aus Moskau nur zu gern, obwohl insbesondere Winston Churchill bereits frühzeitig ein Bericht vorlag, der eindeutig auf sowjetische Urheber der Massaker hinwies. Nachdem die Rote Armee das Gebiet um Smolensk zurückerobert hatte, legten die Sowjets einen Bericht vor, in dem abermals die Wehrmacht der Täterschaft bezichtigt wurde.
Wer es also genau wissen wollte, der konnte bereits vor 1990 anhand der bekannten Fakten zu dem Schluss kommen, dass das Deutsche Reich keine Verantwortung an dieser schrecklichen Tat trug. Es wäre nicht in seinem Interesse gewesen, die Hinrichtungen bekannt zu machen, wäre es selbst Urheber dieser Taten. Dennoch dauerte es fast 5 Jahrzehnte, bis Deutschland zumindest in dieser Causa rehabilitiert wurde. Erst 1990 erklärte Michail Gorbatschow, „der Stalinismus sei Ursache der Tragödie“ gewesen. Die Akten blieben allerdings unter Verschluss, bis Boris Jelzin die Herausgabe erzwang. Sie wurden gegen Protest der Kommunistischen Partei und des Militärs veröffentlicht und 1992 dem polnischen Präsidenten Lech Walesa übergeben.
Katyń heute
Katyń ist in der polnischen Sprache zum Synonym für ähnliche schreckliche Taten geworden und das Massaker bis heute zentraler Gedenkbestandteil. Der Massenmord von Katyń ist eines der weltweit am meisten bekannten kommunistische Verbrechen und spielt deshalb nicht nur in Polen eine prägende Rolle. Aus deutscher Warte ist es eines der unzähligen Beispiele, für Kriegsverbrechen, die bewusst fälschlicherweise dem deutschen Reich angedichtet wurden und werden. Es ist aus diesem Grund insbesondere auch für jeden Deutschen von zentraler Bedeutung, dieses Massaker niemals zu vergessen und es denjenigen stets als Spiegel vorzuhalten, die bis heute unablässig darin bemüht sind, deutsche Täterschaft in den Vordergrund historischer Aufarbeitung zu rücken.
Arno Feinlist