Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) wurde offenbar über Jahre hinweg vom US-Geheimdienst NSA dazu benutzt, europäische Politiker und Unternehmen auszuspionieren. Seit dem Jahr 2004 meldete die NSA dem BND regelmäßig sogenannte Selektoren (Handynummern, E-Mail-Adressen, IP-Adressen), die der BND für die NSA überwachen sollte. Unter diesen Selektoren befanden sich auch die Daten der deutsch-französischen Konzerne EADS und Eurocopter. Somit war der BND der NSA offenbar über Jahre hinweg behilflich bei systematischer Wirtschaftsspionage. Es gebe darüber hinaus weitere Hinweise auf die Ausspähung deutscher Unternehmen. Außerdem sollen von den Abhöranlagen des BND in Bad Aibling französische Politiker und Beamte der EU-Kommission überwacht worden sein. Ob auch deutsche Politiker vom eigenen Auslandsgeheimdienst im Auftrag der NSA ausspioniert wurden, kann bisher nicht mit Gewissheit gesagt werden.
Die Bundesregierung weigert sich bisher einzuräumen, dass sie schon frühzeitig Kenntnis von diesem skandalösen Umstand hatte. Auch gibt sie die Listen mit den von der NSA aufgezählten Suchbegriffen bisher nicht heraus, aus denen ersichtlich wäre, mit welcher Intention die Überwachung der NSA erfolgte.
Doch spätestens ab dem Jahr 2008 muss der Bundesregierung bekannt gewesen sein, dass die NSA den BND um Unterstützung bei der Ausspähung konkreter Ziele angefragt hat. Der BND meldete die Versuche der NSA, den BND zur Spionage zu drängen, an das Bundeskanzleramt. Ein weiteres Dokument hat nun zutage gefördert, dass der amtierende Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der seinerzeit Chef des für die Aufsicht des BND verantwortlichen Bundeskanzleramtes war, zur Vorbereitung einer USA-Reise über die Machenschaften informiert wurde. So hieß es in der entsprechenden Akte, dass die NSA in der Kooperation mit dem BND „eigene Interessen verfolgt, die über gemeinsame Interessen hinausgehen“. Auch warnte der BND das Kanzleramt, dass verhindert werden müsse, dass die NSA deutsche Ziele überwache.
Obwohl diese Fakten seit langem bekannt sein müssen, schrieb die Bundesregierung noch am 14. April, also vor etwa zweieinhalb Wochen: „Es liegen weiterhin keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA oder anderen US-Diensten in anderen Staaten vor.“
Bemerkenswert ist auch, dass BND-Chef Gerhard Schindler am 12. März dieses Jahres bereits den amtierenden Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) von NSA-Spionageversuchen berichtete, die gegen europäische Interessen gerichtet sind.
So wie es aussieht, haben sowohl Bundesinnenminister Thomas de Maizière als auch Bundeskanzleramtsminister Peter Altmaier seit geraumer Zeit Kenntnis davon, dass die NSA den BND für Politikerausspähung und Wirtschaftsspionage missbraucht.
Nicht nur der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo spricht von einem Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Wirtschaft, das „erheblich belastet“ sei und davon, dass „verlorenes Vertrauen“ fatale Konsequenzen haben könne.
Minister, die geduldet haben, dass der deutsche Geheimdienst von einem ausländischen Geheimdienst zur systematischen Spionage benutzt wurde, haben in ihren Ämtern nichts mehr verloren! De Maizière und Altmaier müssen zurücktreten, wenn sich die Vorwürfe bestätigen.
Ronny Zasowk
Eine Antwort
Skandal? Wenn ja, dann besteht er seit 1946, als die Organisation Gehlen gegründet worden ist. In jedem Unternehmen sitzen Ausländer, ob Ingenieure oder Aufsichtsräte oder gar Manager; da hat ein ausländischer Geheimdienst kaum noch Arbeit.