Industrielle Tierhaltung – viel Kritik, wenig Konsequenzen

In regelmäßigen Abständen beschäftigen sich die Medien mit dem Thema Massentierhaltung. Die Filmsequenzen, meist heimlich aufgenommen von engagierten Tierschützern, zeigen dabei oft erschreckende Zustände. Zu sehen ist Geflügel, das im eigenen Dreck steht und sich dabei gegenseitig auf die Füße tritt, Schweine in viel zu engen Boxen oder Rinder mit überdimensionierten Eutern. Verrohte Aufseher, denn als Bauern, Züchter oder Landwirte kann man diese Personen kaum bezeichnen, schlagen geschwächte Tiere an Gittern oder auf dem Betonboden tot und werfen die Kadaver achtlos in Behälter.

Manchmal folgen solchem Verhalten auch juristische Konsequenzen, so wir im Fall des niederländischen Schweineproduzenten Adrianus Straathof. Der Landkreis Jerichower Land in Sachsen-Anhalt hatte im Dezember 2014 gegenüber Straathof ein Tierhaltungsverbot verhängt. Ähnlich handelten Behörden anderer Bundesländer, denn Straathoff betreibt insgesamt 24 Anlagen mit rund 400.000 Tieren in Deutschland.

Wirklich geschlossen wurde noch keine einzige der Tierfabriken. Der Eigentümer, einer der größten Ferkelzüchter Europas, zog sich offiziell aus dem Geschäft zurück. Neue Betreiber führen die Geschäfte fort. Vor den Gerichten wird gegen erstinstanzliche Urteile vorgegangen. Von Arbeitsplatzvernichtung und wertvollen Anlagen ist die Rede. Mitarbeiter vor Ort schweigen ängstlich, können es aber auch nicht verhindern, daß Gerüchte über unzumutbare Arbeitsbedingungen und Stundenlöhnen zwischen drei und vier Euro die Runde machen. Wie die juristischen Tauziehen letztendlich ausgehen werden, weiß derzeit niemand. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat seine Entscheidung im Februar 2015 erst einmal vertagt.

Gibt es Wege, die mehr Erfolg versprechen? Auf den ersten Blick sah es so aus, als wenn eine  Volksinitiative in Brandenburg einiges erreichen würde. Ziel der Initiatoren war es, „alle rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um die stetige Ausbreitung der Massentierhaltungsanlagen in Brandenburg zu unterbinden“. Es sollten nur noch Betriebe mit bis zu 40.000 Tieren bei Geflügel oder bis zu 2.000 Schweinen vom Land finanziell gefördert werden. Über 34.000 Bürger unterschrieben im vorigen Jahr für dieses Anliegen, um das Thema in den Landtag einzubringen. Und es sah zunächst so aus, daß auf diesem Wege tatsächlich Kurskorrekturen in der Landwirtschaftspolitik bewirkt werden könnten.

Inzwischen hat sich der Agrarausschuß des Parlaments mit den Forderungen beschäftigt und die Fraktionen haben Stellung bezogen. SPD und Linke betonten schon vor einiger Zeit ihren „Willen, auf die Anliegen der Volksinitiative einzugehen“ – wie auch immer, wie man jetzt sehen kann. Die Abgeordneten der Regierungsparteien geben vor, sich nicht so recht einigen zu können. Einen schärferen Immissionsschutz und eine Begrenzung des Antibiotikaeinsatzes wird es also nicht geben. Als einziges Zugeständnis soll die Berufung eines ehrenamtlichen Tierschutzbeauftragten „geprüft“ werden.

Auch in anderen Länderparlamenten stoßen derartige Initiativen auf wenige Gegenliebe bei den etablierten Parteien, egal welche gerade regieren. Einem Antrag der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag vom Januar 2012, der ein „Maßnahmenpaket gegen Antibiotika-Resistenzen“ forderte, wurde von der Staatsregierung mit „Argumenten“ entgegen getreten, die am besten mit „nicht so wichtig“ oder „machen wir längst“ umschrieben werden können. Ähnlich erging es einem weiteren Antrag, der die „Videoüberwachung auf großen Schlachthöfen“ zum Ziel hatte. Mit seiner Annahme wäre es möglich gewesen, die zahlreichen Fehlbetäubungen zu dokumentieren und Maßnahmen in die Wege zu leiten, die zur Vermeidung dieser Quälereien hätten führen können.

Aber auch die Unterstützung entsprechender Vorstöße anderer Parteien führt regelmäßig nicht zum Ziel. Das mußten die Vertreter der NPD-Fraktion in Schwerin erst im November 2014 wieder feststellen. „Haltungsbedingungen für Puten in der Nutztierhaltung verbessern“ lautete ein Antrag der Grünen, der mit den Stimmen von CDU, SPD und Linken abgeschmettert wurde. Stefan Köster stellte hierbei in seinem Redebeitrag die Frage, „ob das System der Selbstverpflichtung, eine auf Freiwilligkeit setzende Vereinbarung beziehungsweise Regelung heutzutage überhaupt noch ausreichend ist.“ Ferner führte er aus: „Ich persönlich kann viele Tierhalter zumindest verstehen, daß sie den Rechtsrahmen ausschöpfen, denn der Marktdruck ist barbarisch. Die NPD-Fraktion hält deshalb verpflichtende Regelungen für unausweichlich.“

Mit ihrem Zwischenruf „Auf Ihre Zustimmung können wir auch verzichten.“ machte die grüne Abgeordnete Ulrike Berger unfreiwillig deutlich, daß es der angeblichen „Ökopartei“ mittlerweile um alles Mögliche geht, nur nicht um Umweltschutz oder ähnliche Anliegen aus ihren Gründungszeiten. Mit Schaufenster-Anträgen wie dem oben genannten wollen diese „Volksvertreter“ lediglich die Wähler täuschen, denen das Tierwohl am Herzen liegt und die diese Partei immer noch nicht durchschaut haben. Immerhin sind die Grünen an einigen Landesregierungen beteiligt, stellen einen Ministerpräsidenten und waren sieben Jahre lang Teil der Bundesregierung. Im Ergebnis sieht man allerdings nur Fragezeichen.

„Eine verfehlte Wirtschaftspolitik ließ Ökonomie und Ökologie in einen unnötigen Gegensatz geraten. Etablierte Parteien und wirtschaftliche Interessengruppen tragen die Verantwortung für radikale Landschaftsveränderungen, überzogene Industrieprojekte und eine falsche Förderpolitik zuungunsten

ländlicher Räume.“ So steht es im Parteiprogramm der NPD. Und daran wird sich auch künftig nichts ändern, solange kein grundlegender Politikwechsel erfolgt.

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