Halberstadt: Ameos-Klinikum vor dem Kollaps

Was sich seit geraumer Zeit bereits angekündigt hat wird nun beängstigende Wirklichkeit! Das Halberstädter Ameos-Klinikum steht vor dem personellen Zusammenbruch! Mehrere Fachbereiche des Krankenhauses sind aktuell wieder nicht mehr in der Lage (lokale Medien berichteten bereits darüber), ihrem gesetzlich vorgeschriebenen Versorgungsauftrag nachzukommen. Patienten müssen mit hohem personellen und technischen Aufwand in andere Krankenhäuser verlegt oder nach Notfällen in weiter entfernte Kliniken in anderen Landkreisen, oder bspw. auch in die Helios-Klinik Neindorf, bzw. in die beiden Unikliniken in Halle und Magdeburg eingeliefert werden, was auch den Rettungsdienst des Landkreises Harz vor erhebliche Probleme stellt und beispielsweise das Leben und die Gesundheit von Unfallopfern oder akut schwer erkrankten Patienten gefährdet! Wie konnte es dazu kommen? Das Halberstädter St.-Salvator-Krankenhaus befand sich bis zum Jahr 2004 in Trägerschaft der Öffentlichen Hand und war für den verantwortlichen Landkreis Harz stets ein Zuschussgeschäft. Das Zauberwort, um sich diese Verluste – die allerdings zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger des Landkreises entstanden – zu unterbinden, lautete: Privatisierung! Und ein solcher Privatiseur war mit der Schweizer Ameos-Gruppe schnell gefunden, ein bisschen Geld für die klamme Kreiskasse gab es zusätzlich noch obendrein!

Die zu erwartenden Folgen für die medizinische Hilfe benötigenden Menschen in der Vorharzregion, aber auch für das Personal des Krankenhauses, wurden dabei von der Politik und insbesondere vom Harzer Kreistag und den Krankenkassen vollkommen ausgeblendet! So kam es, wie es kommen musste. Bis auf ein paar wenige, großes Geld in die Kassen der neuen Betreiber spülende Angebote, wurden zahlreiche klassische Standardleistungen eines Krankenhauses zurückgefahren und teilweise kaputt gespart. Doch nicht nur der medizinische Bereich krankt, in weiten Bereichen ist das Halberstädter Krankenhaus auch in hygienischer Hinsicht heruntergewirtschaftet. Laut vorliegender Aussagen verschiedener Ärzte und Mitarbeitern hat der Medizinermangel im Halberstädter Krankenhaus inzwischen desaströse Ausmaße angenommen. Insbesondere fehlt es an notfallmedizinisch erfahrenen Internisten, Gynäkologen, Bauchchirurgen, aber auch an Anästhesisten und anderem Fachpersonal. Der Grund hierfür ist schnell gefunden! Die Arbeits und Ausbildungsbedingungen haben sich in den letzten Jahren stetig verschlechtert.

Durch den zunehmenden Einsatz ausländischer, der Sprache unerfahrener und die Gewohnheiten der Bevölkerung nicht kennender Ärzte, die von Ameos mit lächerlichen Gehältern abgespeist werden können, deren Arbeit aber oftmals (nicht immer!) von deutschen Ärzten überwacht oder gleich ganz mit erledigt werden muss, verschlechtert sich das Betriebsklima und der Ruf des Krankenhauses enorm. Viele neue ausländische Ärzte haben durch das schlechte Niveau ihrer Ausbildung an Universitäten in ihren Heimatländern erhebliche Defizite und auch Ängste den Anforderungen nicht gerecht zu werden. Positiv sind die Beispiele zahlreicher Ärzte bspw. aus Bulgarien u.a., die schon viele Jahre in Halberstadt erfolgreich arbeiten und voll integriert sind. Zahlreiche gute Medizinerinnen und Mediziner haben das Halberstädter Klinikum in letzter Zeit aus Frust über die hier herrschenden Arbeitsbedingungen verlassen oder sind, wenn Sie daran Kritik übten, gegangen worden. Hier sei das Beipiel Prof. Dr. Rickes erwähnt, der ein ausgewiesener Spezialist ist und der das Klinikum mit insgesamt neun weiteren Fachärzten in Richtung Krankenhaus Neindorf verlassen hat und zuvor mehrere Monate unter Fortzahlung seiner Bezüge beurlaubt war, gleiches Beispiel der gefäßchirurgischen Oberärztin, gleiches Beispiel urologischer Chefarzt und sein leitender Chefarzt, gleiches Beispiel gynäkologischer Chefarzt, die Aufzählung ist fortsetzbar.

Statt sich um die Patientenversorgung und Mitarbeitermotivation zu kümmern, hat die Geschäftsleitung in Unkenntnis eines Krankenhausbetriebes und dessen hochkomplexer Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Klinika, sehr viel Geld für Beurlaubungen und Rechtsstreitigkeiten verwendet, anstatt dieses Geld in Form von Gehaltserhöhungen für Ärzte und Pflegepersonal und andere Mitarbeiter einzusetzen. Die Methode kommt aus der Industrie, funktioniert aber in einem Krankenhaus nicht, wie jetzt alle sehen und spüren können. Die Versorgung aufrecht zu erhalten sollte dabei trotzdem kein Problem sein, gibt es doch in Deutschland auch für Ärzte und Pflegepersonal einen Leiharbeitermarkt, sogenannte Börsen. Hier bedient sich Ameos aktuell mit OP-Pflegekräften und Anästhesisten, bis vor kurzem auch Internisten, aber offenbar nur, wenn es gar nicht mehr anders geht. Dieser Service ist sehr teuer, aber offenbar immer noch billiger, als fest angestelltes eigenes Personal vorzuhalten und auszubilden.

Momentan leisten die noch verbliebenen Fachärzte und das Pflegepersonal Überdurchschnittliches. Häufige Dienstwechsel, Dauerrufdienste, viele Bereitschaftsdienste, Tage ohne Pausen, zu viele Patienten pro Schwester oder Arzt sind nicht mehr die Ausnahme, sondern inzwischen Standard und werden hingenommen, weil viele Mitarbeiter ihren Beruf als Berufung sehen und sich den Patienten verpflichtet fühlen. Dabei dürfte Geld für Ameos keine Rolle spielen, immerhin hat die Gruppe mit ihren deutschen Krankenhäusern 2016 runde 800 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet und in der Schweiz zu Dumpingsätzen versteuert. Gefordert sind nun die Politik in Form des Gesundheitsministeriums und die Krankenkassen als Verwalter der Beiträge der Bürger, diesem Chaos ein Ende zu machen, aber auch der Landkreis Harz und Landrat Martin Skiebe (CDU) als unmittelbar vor Ort verantwortlicher Lokalpolitiker!

Eine sofortige Lösung besteht in einer genauen unabhängigen, bspw. durch die Krankenkassen in Auftrag gegebenen Analyse, wieviele Mitarbeiter haben warum das Haus verlassen, mit kompletter Befragung der verbliebenen Mitarbeiter, incl. der „outgesourcten“ Mitarbeiter, Einschalten und Austausch mit dem durch Ameos oft sanktionierten und in seiner Arbeit behinderten Betriebsrats und den Patientenvertretern der Stadt Halberstadt, Umsetzung des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes, Austausch des kompletten Managements, mehr Mitsprache der verantwortlichen Chefärzte, Bestellung von qualifiziertem Personal durch Pflege und Ärztebörsen, um die nächste Zeit zu überbrücken und die Versorgung der Patienten zu verbessern. Eine gesetzwidrige Abmeldung, beispielsweise der Notaufnahme, oder ein Zusammenbruch der internistischen Versorgung sollte damit zu verhindern sein!

Michael Grunzel

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10 Antworten

  1. Ich finde es sehr traurig. Ich lag vor ca 6 Wochen dort und hatte zwei verschiedene OPs in einer Narkose. Was alles wunderbar lief und auch die Nachsorge und der Aufenthalt dort wunderbar war. Ich alles dort sehr lobte. Und es in beiden Stationen HNO und auch Gynäkologische immer Ärzte zum sprechen waren den ganzen Tag und ob Ärzte oder Schwestern alle immer nett.

  2. Neindorf hat bei dem Sohn eines Bekannten einen Tumor hinter der Nase nicht gefunden,da man weder die Technik hat,noch ihn weiter überwiesen hat…(der Junge hat halt häufiger Nasenbluten,soll er immer Tempo-Taschentücher dabei haben).
    Die Liste könnte unendlich lang fort geführt werden.
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  3. Alltag in HBS,aber ebenfalls in ASL.
    Nun muss ich jedoch sagen,dass es nicht nur in HBS so ausschaut,weil gespart wird.
    MD-Uniklinik,wer einmal auf der Kinder-HNO-Station war,denkt er wäre im DDR-Museum gelandet.
    Helmstedt: Personal der Notaufnahme muss nachts die Notaufnahme verwalten und den Pförtner ersetzen,da dieser eingespart wird(wer nachts rein will oder zur Notaufnahme will/muss,muss klingeln und warten bis geöffnet wird).

  4. 3. Anderer Patient,ebenfalls Schlaganfall: Frau besucht ihren Mann,er reagiert nicht.Sie geht zur Schwester und weist darauf hin,dass er nicht reagiert. Antwort: „Wir gucken später nach,jetzt trinken wir erst unseren Kaffee aus.“ Reaktion der Frau:“Ich glaube mein Mann ist tot.“ Schwester schaut nach:“Jetzt wissen wir auch,warum er heute kein Mittag gegessen hat…“

  5. 2. Immer noch gleiche Erkrankung,gleiche Station,gleiche Patientin,nachdem nach ca. 1 Stunde warten endlich die Ärztin kam:“Warum sollte Ihre Mutter denn in ein anderes Krankenhaus verlegt werden?Sie wird doch hier gut behandelt,sie hängt am Tropf und bekommt passende Medikamente?“ Aufforderung an die Ärztin:“ Zeigen Sie mir doch bitte mal den Tropf!“ Antwort der Ärztin:“ OOOHHH,dann haben wir den wohl vergessen…“.

  6. Beim Gedanken an HBS,muss ich immer wieder an 3 Aussagen denken:
    1. Frage der Schwester: „Warum ist Ihre Mutter denn eigentlich hier?“Antwortwort: „Verdacht aus Schlaganfall.“ Reaktion der Schwester:“Oh dann wissen wir jetzt wenigstens,was wir untersuchen müssen.“(dieses Gespräch trug sich ca. 1,5 Stunden nach der Einlieferung durch den Rettungsdienst zu).

  7. HBS seit Jahren nur noch im extremsten Notfall,mal zum Verbinden oder zum Nähen,aber nichts weiter.Solange noch die Möglichkeit besteht,entweder nach QLB oder WR(gibt auch dort gewisse Mängel,was z.B. das Essen angeht,aber erheblich bessere Behandlung als in HBS).
    Man kann jetzt aber nicht nur HBS schlecht machen dabei,auch ASL(ebenfalls Ameos) ist kein Stück besser,die gleichen Zustände wie in HBS,aber davon hören wir nicht so viel(ist aber ebenso ein Sauladen).

  8. Und die Ursache sind wie so oft Verwaltungsfehler. Während das Gesundheitswesen um öffentliche Gelder feilschen muss wird die Stadtverwaltung von Korruptionsskandalen erschüttert. So musste etwa eine Ausnahmegenehmigung für einen einschlägigen Amüsierbetrieb wieder kassiert werden, weil die Stadtverwaltung nicht ausführen konnte welche Argumente sie von der Errichtung eines Konsumpalasts im Wohngebiet überzeugt hatten, während der Klinik überzogene Ansprüche vorgeworfen werden.

    1. Und die Lösung sind wie so oft Korrekturen der Verwaltung, wenn nicht durch diese selbst dann durch die klinische Führung. Hier bedeutet dies konkret dass einer Verwaltung die sich so gesundheitsgefährdend verhält ihr Spielzeug abzunehmen, d. h. der sofortige Rückbau steuerlicher Ersatzobjekte als medizinische Notwendigkeit zu erzwingen ist. Die Ärzte sollten sich für eine begrenze Zeit externe Vertretung verschaffen und sofort in totalen Warnstreik treten bevor es zu einem Kollaps kommt.