Extremer Linksruck in der Wiener Hofburg

Die Wahlen zur österreichischen Präsidentschaft sind endlich geschlagen. Das Duell zwischen Norbert Hofer und Alexander van der Bellen endlich entschieden. Endlich, weil die erste Stichwahl wegen Unregelmäßigkeiten aufgehoben wurde, endlich auch deshalb, weil Probleme mit dem Klebestreifen der Wahlkarten eine neuerliche Verschiebung notwendig machten. Das Ausland spottete zu Recht, denn diese Wahl war für Österreich kein Ruhmesblatt.

 

Dr. Peter Wassertheurer

 

Der Sieger hieß am Ende Alexander van der Bellen (53,8%), unabhängiger Kandidat der Grünen. Die Enttäuschung im rechten Lager war entsprechend groß. Mit Hofer (46,2%) sollte erstmals ein Freiheitlicher in die Hofburg einziehen. Die Möglichkeit dazu bestand, am Ende aber hieß es „Alle gegen einen“ und das mit allen Mitteln –  das entschied dann die Wahl. Schade, Not my president, schrieben viele dann auf Facebook oder Twitter.

Jörg Haider
Jörg Haider

Das Land ist, so hieß es am Wahlabend, gespalten. Freilich fehlten auch die Hinweise auf Trump und Clinton nicht. Ganz unrichtig ist dieser Hinweis nicht. Seit Jörg Haider und dem Aufstieg der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) konzentriert sich jede Wahl darauf, unbedingt die FPÖ zu verhindern. So gesehen war die Wahlauseinandersetzung eine Konfrontation zweier Ideologien, ein Kampf zwischen links und rechts, rechter Erneuerung und linker Systembewahrung. Das erscheint paradox. Die Linke im Kleid wertkonservativer Systemerhalter – ja durchaus, wenn es um Macht und gegen rechts geht. Jörg Haider hat einmal von der Dritten Republik Österreich gesprochen. Er meinte damit ein aus dem Proporzsystem der etablierten Parteien befreites Österreich. Sozialdemokraten (SPÖ) und Konservative (ÖVP) verkaufen die Zweite Republik Österreich als ihre Erfolgsgeschichte. Die Alpenrepublik ist ein beamteter Parteienstaat, das Präsidentenamt eine postmonarchistische Trophäe an den Wänden der Parteizentralen. Es dient seit 1945 als Aushängeschild der nationalen Identität Österreichs. Das Land hat sich zu Kriegsende zum ersten Opfer des Nationalsozialismus erklärt und sich aus der deutschen Geschichte gestohlen. Seitdem macht allein schon das Attribut deutsch verdächtig. Hierzulande gilt es als Synonym für rechtsextrem!

Am 24. April 2016 passierte dann die unfassbare Katastrophe. Die Kandidaten der Koalitionsregierung aus SPÖ (Rudolf Hundstorfer) und ÖVP (Andreas Khol) stürzten ins Bodenlose. Das allein schon war eine Revolution im Parteienstaat Österreich. Derartiges hat es in Europa zuletzt 1989 gegeben. Van der Bellen konnte sich als Zweiter nur knapp vor der unabhängigen, ehemaligen Richterin Irmgard Griss behaupten. Hofer in der Hofburg, als Präsident der Zweiten Republik Österreich? Niemals! Hofer, der sich kritisch zur Europäischen Union (EU) äußerte. Nie und nimmer! Hofer, der Angela Merkels Willkommens-Einwanderungs-Ideologie ablehnt und davon sprach, ein aktiver Präsident sein zu wollen, einer, der die Regierung entlassen würde, sollte sie (…) Nein, so ein Mann kann das höchste Amt in Österreich nicht bekleiden. Und dann ist Hofer auch noch Mitglied einer national-freiheitlichen Burschenschaft. Ein Nazi auf dem Präsidentenstuhl?

Werner Faymann
Werner Faymann

Die Regierung kriselte. Bundeskanzler Werner Faymann musste gehen. Unter seinem Nachfolger Christian Kern wurde ein Plan B geschmiedet und der lautete: Hofer verhindern und van der Bellen unterstützen. Was aber macht die ÖVP?  Geht sie mit Hofer? „Dann kracht die Koalition“, munkelte die Presse. Das Thema Neuwahlen machte hinter verschlossenen Türen die Runde. Die Führungsriege der Konservativen, bei Umfragen im Sinkflug, erklärte offiziell ihre Neutralität.  In Wirklichkeit sprachen sich immer mehr ehemalige ÖVP-Politbonzen für van der Bellen aus. Sie ließen sich mit Duldung des Parteichefs Reinhold Mitterlehner vor den Karren der Linken spannen. Auch das war paradox. Alte ÖVP-Granden standen in einer Reihe mit Kommunisten, 1968-Marxisten,  linksradikalen Grünen, Krawallmachern und kosmopolitisch gesinnten Linksliberalen. Die Gesichter aus dem ÖVP-Aufgebot für van der Bellen sind bekannt: vielfach abgetakelte, bei Wahlen vom Volk abgestrafte Polit-Größen mit gut dotierten Versorgungsposten. Österreichs systemkonforme, traditionell links orientierte Presse konnte zum großen Halali auf Hofer blasen. Alles war erlaubt, solange es nur gegen Hofer gerichtet war. Die Regeln der politischen Korrektheit galten, aber nur für van der Bellen. Grenzüberschreitungen gegen Hofer wurden toleriert, wenn nicht sogar von oben verlangt. Die Feindbilder überraschten wenig: Nazi, Antidemokrat, Ausländerhasser, Sexist, EU-Feind und – was wohl das schlimmste ist – ein wertkonservativer Christ! Die Attribute für van der Bellen klangen freilich anders: weltoffen, demokratisch, liberal, antikapitalistisch, umweltfreundlich, gendergerecht, ausländerfreundlich, EU-überzeugt, antisexistisch und Liebling der Polit-Schickeria. Selbst van der Bellens Heimatliebe – groß plakatiert mit Hund und kitschigen Bergkulissen im Hintergrund – fand bei der extremen Linken plötzlich Akzeptanz. Waren hier Wendehälse am Werk? Wie heißt es sonst bei den Linken: Heimat im Herzen, Schei….e im Hirn!

Norbert Hofer
Norbert Hofer

Es begann sich eine Phalanx gegen die FPÖ und gegen Hofer zu bilden. Staatskünstler bildeten Unterstützungskomitees für van der Bellen, der Österreichische Rundfunk (ÖVP) ließ jeden vor die Kamera, der aggressiv genug gegen Hofer zu wettern vermochte. Die SPÖ und Grüne instrumentalisierten den ganzen Staatsapparat, um vor einem Bundespräsidenten Hofer zu warnen. Selbst aus dem benachbarten Ausland und aus Brüssel hörte man besorgte Töne. Dann passierte die Sache mit dem Kleber. Wahlkarten öffneten sich von selbst. Der für Oktober festgelegte Wahltermin wackelte. Wird der Termin halten? Nein, er musste verschoben werden. Schuld an der Misere trug die Herstellerfirma der Wahlkarten. Die Österreicher fühlten sich genervt. Das Ausland teilte Wien mit,Wahlbeobachter zu entsenden. Wahlbeobachter für Österreich? Das war peinlich, das erinnerte an eine afrikanische Bananenrepublik.

Der Anti-Hofertross zog indessen weiter durch die Bundesländer. Bei direkten Wahlkonfrontationen agierte Hofer ungemein aggressiv, van der Bellen hingegen ruhig und gelassen. „So wahr mir Gott helfe“, stand auf Hofers Wahlplakaten. Gott als Wahlhelfer für Hofer? Jetzt stiegen auch die Katholiken und Protestanten in den Ring. Die Reaktionen waren zu erwarten gewesen: Gott könne nicht von einer wahlwerbenden Partei missbraucht werden. Dieser Schlag gegen Hofer saß. Viele wertkonservative Wähler mit Sympathien für Hofer waren irritiert. Der Wahlabend am 4. Dezember 2016 zeigte die Misere auf. Traditionell katholisch geprägte Länder wie Tirol, Niederösterreich, Salzburg und Oberösterreich stimmten mehrheitlich für den auch von Linksextremen unterstützten van der Bellen.

hofburg_michaelertrakt_wien_panorama1Was also kann man aus der Hofburg erwarten? Eigentlich nichts, denn van der Bellen ist, will man es auf den Punkt bringen, ein pragmatisierter Systemgewinner, der, ganz in der Tradition der österreichischen Sozialisten, immer dort zu finden war, wo es den meisten Profit für die eigene Karriere gab. Übrigens steht er damit auf gleicher ideologischer Ebene mit seinem Vorgänger Heinz Fischer. Fischer ist der Paradetyp des beamteten linken Parteisoldaten. Van der Bellen trägt diesen Stallgeruch. Man arrangierte sich in jungen Jahren, passte sich an, gebärdete sich intellektuell und gab sich immer bei denen zu erkennen, die gerade an der Macht waren. Wie war das bisher bei van der Bellen? Zunächst in jungen Jahren Kommunist, dann später bei der SPÖ, zumindest so lange, bis man die Pragmatisierung  als Hochschullehrer erreicht hatte und unkündbar war, dann Austritt aus der SPÖ, um schließlich bei den Grünen zu landen. Dort gab es dann weniger Umweltschutz, dafür aber doppelte Portionen in Bereichen wie Feminismus und Antisexismus, Auftritte gegen Rassismus, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Unter seiner Führung wurden die Grünen in eine extrem linksdogmatische Partei umfunktioniert, die sich anmaßte, den Bürgern mit erhobenem Zeigefinger zu erklären, was, wie und wo gesagt werden darf. Van der Bellen sieht sich als das bessere moralische Gewissen. Diese Rolle wird er spielen. Mehr wird er auch nicht wollen! Er wirkt oft langweilig und zeigt sich als einer, der gerne seine Ruhe hat. Das entspricht dem klassischen Bild vom österreichischen Beamten. Jedenfalls wird er als Präsident die Regierungsarbeit wenig stören. Viel eher wird er den Moralisten spielen und sich etwa über Ausländerfeindlichkeit in Österreich mokieren. Natürlich wird man vergebens auf seine Worte warten, wenn Österreicher Opfer von Migrantengewalt werden. Das aber kennt man schon vom hiesigen Establishment. Da sind Österreichs Linke und Konservative nicht anders als ihre deutschen Parteifreunde. Anderseits darf man aber auf die Reaktionen aus der Hofburg gespannt sein, falls die FPÖ die nächste Wahl gewinnen sollte. Bei Umfragen liegt sie konstant vorne. Wird van der Bellen dann seine demokratiepolitisch bedenkliche Drohung wahr machen? Er werde nämlich niemals eine FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragen. Hofer sprach genau vom Gegenteil. Und deshalb musste er als Bundespräsident verhindert werden.

 

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2 Antworten

  1. Im Nationalparkhaus auf dem Vogelsberg steht schon lange ein feuerrotes Unfallautowrack aus dessen Lautsprechern noch die Hitparade dudelt – als Ausstellungsstück zwischen den alten Forstamts-Berufsschulmöbeln und so mancher Filmkulisse – alle die hier Führerschein machen wollen müssen auf dem Schulausflug erst mal dran vorbei. Nur Jörg Haider war anscheinend nie da gewesen. Die FPÖ hat sich vom Unfall-Schock offenbar noch nicht erholt – so wie auch manche Kreise hierzulande.

    1. Ob der zur Monstranz umfunktionierte Gottesbezug dem Verlierer geschadet hat? Für kleine Länder ist die derzeitige Welt so oder so eine Löwengrube, und von „ein Papst wählt nicht“ bis „ein Papst tritt zurück“ ist es nur so weit wie ein Windhauch bis zum nächsten Mikrofon. Seine berühmte Aussage zum Würfelspiel jedenfalls hat Albert Einstein nicht geschadet bzw. dies ist längst ausgeglichen. Der hat sie aber auch professioneller formuliert.