Das gedemütigte Recht

Kann man sich noch an den Bürgermeister von Wetzlar erinnern, der der NPD den Zugang zur Stadthalle verweigerte und sich damit bewusst einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts widersetzte? Oder an Merkels „Herrschafts des Unrechts“, an die behördliche Trickserei im Falles des Terroristen Sami A.?

An diesen Beispielen wird deutlich, dass, wer es sich auf Grund seiner politischen Position leisten kann, auf bestehende Gesetze pfeift und sein eigenes Recht durchsetzt. Dies war nicht immer so: Sokrates, der gerechteste Mann seiner Zeit, trank den Giftbecher, weil es das Gesetz wollte, er hätte fliehen können. Das römische Recht wiederum würde dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, zurufen, der den Begriff der Anti-Abschiebeindustrie kritisierte, das aus einem Recht, das auf die Spitze getrieben wird, schnell Unrecht wird. Im deutschen Mittelalter war das Recht eine Kunst des Vernünftigen, des Guten und Heilsamen. Für dieses Recht wäre es unvorstellbar gewesen, dass auswärtige Terroristen sich in seinem Wirkungskreis aufhalten können; und erst recht nicht vorstellbar, dass man sie wieder zurückholt.

Unser Recht heute ist anders. Aber es sollte sich dennoch nicht unter Druck setzen lassen. Und wenn es nicht vernünftig, gut und heilsam ist, muss es parlamentarisch geändert werden, es darf nicht von den Mächtigen nach Gutsherrenart unterlaufen werden.

Dr. Michael Mayer

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